piwik no script img

Treffer, verliebt!

Im Gefängnis sind sie das perfekte Paar. In der Freiheit funktioniert die Beziehung der Knastbrüder nicht mehr. „Der Boxer und die Friseuse“ mit Newcomer Hinnerk Schönemann (20.15 Uhr, ARD)

VON SILKE BURMESTER

„Das Problem ist nicht, den Schläger aus der Gosse zu holen. Das Problem ist, die Gosse aus dem Schläger zu kriegen“, sagt der Box-Promoter zu Fränkie. Dies ist nicht nur eine Kritik an dessen allzu motiviertem Engagement, sondern benennt Fränkies persönliches Dilemma: Im Knast waren er und der angehende Boxer Mirko ein Paar. Nach seiner vorzeitiger Haftentlassung hat Fränkie alles für die Zweisamkeit hergerichtet und treu bis treudoof auf Mirko gewartet. Der nimmt das Angebot des gemachten Bettes gern an, kann und will aber außerhalb der Gefängnismauern nur Frauen lieben. Und das bitte ständig.

Regisseurin Hermine Huntgeburth erzählt ungeheuer charmant und unterhaltsam ihre Geschichte um Nähe, Abhängigkeiten und den Druck normativer Sexualität – egal ob in homo- oder heterosexuellen Konstellationen. Nie führt sie dabei vor, aber immer nah heran. Dass dies so gut gelingt, liegt auch an dem Drehbuch von Eckhard Theophil. Wie schon mit der Figur des Hammer-Gerd in „Männerpension“ hat Theophil mit Mirko einen einfachen bis schlichten Menschen gezeichnet. Die Direktheit seiner Naivität führt nicht nur zu den leichtesten, unterhaltsamsten Momenten, sondern eben auch zu jener Nähe, die den Film über seine flächendeckenden Klischees erhebt.

So spricht Mirko mit Sicherheit Millionen von männlichen Fernsehzuschauern aus der Seele, wenn er vor der Verabredung mit seiner Freundin die Modalitäten klären will: „Dass du immer oben liegst und ich immer unten, das ist doch nicht normal!“ Die Figur Mirkos ist durch Hinnerk Schönemann mehr als gut besetzt. Er versteht es, seinem Gesicht jene Tumbheit zu geben, die es braucht, um sein Gegenüber verzweifeln zu lassen. Er ist die perfekte Versprechung, dass dumm gut fickt. Für Männer und für Frauen.

Schauspieler Ulrich Noethen gibt dem anmaßenden, einnehmenden Fränkie eine gelungene Entsprechung. Dass er zuvor den Vater des Sams spielte, macht die Sache für den Zuschauer allerdings nicht unbedingt leicht. Auch der ein verschrobener Charakter, auch dort eine Vaterrolle, deren Aufgabe es ist, die Balance zwischen Wut und Liebe zu finden. Weil die Pole zwischen Wut und Liebe häufig zu weit auseinander liegen, als dass ihr Verbindungsband in dieser Gesellschaft nicht risse, muss das Glück außerhalb der Gesellschaft gefunden werden. Heute Abend kann man zuschauen, wie das geht.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen