berliner szenen: Freude über Bückware
Vergebens suche ich meinen Gesichtspuder. Ich benutze ihn seit Jahren: Er ist gut, preiswert und nur im KaDeWe erhältlich.
„Die Marke führen wir nicht mehr“, sagt die Verkäuferin, die schön, aber gelangweilt am Verkaufsstand in der Kosmetikabteilung lehnt.
„Warum?“ „Passt nicht mehr ins Sortiment.“„Zu billig?“ „Ja, so können Sie es auch sagen.“
Das KaDeWe war schon immer ein teures Kaufhaus, aber bei dem einstigen üppigen Sortiment war durchaus erschwinglich Schönes dabei. Das ist vorbei. Erschwinglich ist allenfalls noch der schlampige Outlet-Bereich in der vierten Etage. Ein herber Kontrast zu Luxus, Luxus und Nobelmarken nur noch vom Nobelsten und Hauptsache teuer.
„Seit der Gründung im Jahr 1907 erfindet sich das KaDeWe Berlin immer wieder neu. Als sich ständig entwickelnde Marke orientiert sich das Kaufhaus des Westens an gesellschaftlichen Veränderungen und internationalen Strömungen“, steht in der Selbstdarstellung des Touristenmagneten im Zentrum des Berliner Westens. Die internationale Strömung, die man jetzt ablesen kann, ist wohl, dass die Reichen immer reicher werden und unter sich bleiben wollen.
„Und wer kommt neben den Sightseeing-Touristenschwärmen zum Einkaufen?“, frage ich die leicht genervte Verkäuferin. „Die Russen wohl eher weniger.“ „Und die Chinesen seit Corona auch nicht mehr“, bestätigt sie achselzuckend. „Und viele andere Kunden beschweren sich wie Sie.“
Als offensichtliches Einverständnis oder um mich loszuwerden, holt sie Bückware unter ihrem Verkaufsstand hervor. Mein Puder! Ein Auslaufmodell und 50 Prozent billiger. Selbstverständlich nehme ich die letzten drei Packungen als Erinnerung an demokratischere Zeiten im Luxustempel mit. Edith Kresta
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