Mord an deutschem Touristen in Südafrika: Ungleichheit bis in den Tod
Südafrika hat die höchste Rate an Gewaltverbrechen weltweit. Aber öffentlich geht es nur um Morde, wenn das Opfer wohlhabend oder Tourist*in ist.
D er versuchte Raubüberfall am Montag auf vier deutsche Touristen beim Krüger-Nationalpark endete mit dem Mord am Fahrer Jörg S. (67). In Südafrika und auch international bekam dieses Verbrechen viel Aufmerksamkeit. Doch der Fall belegt auch, dass die Welt auf Gewaltverbrechen unterschiedlich reagiert – je nachdem, wen es trifft.
Kurz vor der Einfahrt in den Safaripark blockierten mehrere Täter mit ihrem Auto die Straße und forderten die Wertsachen der Touristen. Alle sollten den Kleinbus verlassen. Wie seine Mitfahrer später berichteten, wollte Jörg S. erst verhandeln, aber die Fenster blockierten automatisch, und die Täter begannen zu schießen.
Der deutsche Fahrer konnte, bereits schwer verwundet, noch gut 100 Meter zurücksetzen, dann prallte der Wagen gegen eine Mauer. Damit rettete er den anderen drei Touristen wahrscheinlich das Leben und einige Wachleute eilten hinzu. Die Täter flohen ohne Beute. Jörg S. verstarb noch am Unfallort.
Tourismus-Ministerin Lindiwe Sisulu erschien umgehend bei der Witwe, um Trost und Hilfe anzubieten. Polizeiminister Bheki Cele betonte, dass Touristen weiter in Südafrika sicher seien und der deutsche Botschafter Andreas Peschke lobte das Vorgehen aller offiziellen Stellen als beispielhaft.
Fraglos ein schlimmes Verbrechen. Jedoch ist unübersehbar, wie anders der Mord an einem Touristen – ebenso wie an wohlhabenden Südafrikaner*innen – behandelt wird.
Im Juni zeigte sich in der jüngsten Kriminalstatistik, dass die Zahlen gerade bei Gewaltverbrechen wie Mord und Vergewaltigung erneut zugenommen haben. Die neuen Rekordzahlen liegen bei täglich 67 Morden und 153 Vergewaltigungen – mit wesentlich höheren Dunkelziffern. Je ärmer die Opfer, umso kleiner die Aufklärungsquoten.
Fraglos ist der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Südafrikas, auch wegen der vielen mittelständischen Hotels und Restaurants. Andererseits hat der Mord an Jörg S. erneut ebenso deutlich gemacht, dass Südafrika international das Land mit den größten Unterschieden zwischen Arm und Reich ist.
Während die Wohlhabenden mehr private und gut ausgerüstete Wachleute haben, als es Polizeibeamte für die gesamte Bevölkerung gibt, kommt in vielen Townships oft gar keine Polizei mehr, sobald die Sonne untergegangen ist, weil es für die Beamten „zu gefährlich“ ist.
So geschehen vor Kurzem in unserem eher kleinen Township Masiphumelele mit etwa 40.000 Bewohner*innen im Süden von Kapstadt, als Cherilee A. (30) abends auf dem Heimweg erstochen wurde, nachdem sie sich geweigert hatte, ihr Handy herauszugeben. Kommenden Samstag ist die Beerdigung auf einem Armen-Friedhof. Ihr kleiner Bruder Ronnie (8) lebt seit kurz nach seiner Geburt in unserem Kinderhaus im gleichen Township. Dorthin kam er nach dem frühen Tod seiner Mutter, die an Aids erkrankt war.
90 Prozent der Morde an armen Menschen werden nicht aufgeklärt. Polizeiminister Cele erklärte, dass es im Fall des Mordes an Jörg S. bereits drei Verhaftungen gegeben habe. Touristen sind weiter relativ sicher in Südafrika, arme Südafrikaner*innen am unsichersten von allen Ländern der Welt.
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