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Späte SchwangerschaftenDas Argument der Zeit ist eine Waffe

Hilary Swank ist 48 und schwanger. Sie beweist: Wir müssen die Entscheidung über Kinder nicht mehr so stark von der Zeit abhängig machen.

Schauspielerin Hilary Swank im Mai in New York

Die US-Schauspielerin Hilary Swank ist 48 Jahre alt und hat am Mittwoch ihre Schwanger­schaft bekanntgegeben. Der Medienwirbel ist groß, dabei sind späte Schwangerschaften in Hollywood kaum noch ungewöhnlich. Wie das in dem Alter möglich ist, verrät Swank nicht und das braucht sie auch nicht. Dass Frauen nun später Kinder kriegen können, bedeutet für sie vor allem eins: Mehr Selbstbestimmung.

Das Thema Kinderkriegen ist häufig mit Druck verbunden. Viele bekommen den Begriff der „biologischen Uhr“ schon im Teenageralter zu hören. Früh zweifeln wir an uns selbst: Ist etwas falsch mit uns, wenn wir jetzt noch keine Kinder wollen? Sind wir schlechte Mütter, wenn wir sie spät wollen, weil wir sie damit gefährden?

Das Argument der Zeit ist eine Waffe. Es konstituiert eine Erwartungshaltung an Frauen, unsere gesellschaftliche Rolle zu erfüllen, und zwar am besten möglichst schnell. Der Druck bringt uns dazu, zu früh Entscheidungen zu treffen, für die wir noch nicht bereit sind. Es gibt der Gesellschaft Mittel in die Hand, Druck auf uns und unsere Körper auszuüben.

Teures Social Freezing

Doch die biologische Uhr tickt nicht mehr – oder wenigstens ein bisschen langsamer. Frauen können ihre Eizellen einfrieren lassen, um auch nach den Wechseljahren noch Kinder zu bekommen. Social Freezing nennt man das. Dafür werden die Eizellen idealerweise im Alter von 25 bis 30 Jahren entnommen, da die Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Befruchtung der Eizelle dann am höchsten ist. Zwanzig Jahre später kann sie wieder eingesetzt werden.

Frauen müssen die Entscheidung, ob und wann sie ein Kind kriegen möchten, nicht länger so stark von der Zeit abhängig machen. Stattdessen können wir Karriere machen und uns wirtschaftlich absichern. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil es nach wie vor zu wenige Kita-Plätze gibt und viele Frauen wegen ihrer Kinder in Teilzeit arbeiten wollen oder müssen. Die hohen Überlebens- und Befruchtungsraten von Social Freezing bieten außerdem einen Rettungsanker im Falle von Unfruchtbarkeit.

Doch das medizinische Verfahren ist kostspielig. Die Behandlung sowie die künstliche Befruchtung kosten mehrere tausend Euro. Hinzu kommen Lagerkosten, die ebenfalls mehrere hundert Euro pro Jahr betragen. Die Krankenkasse übernimmt davon nichts. Eine späte Schwangerschaft kann sich nicht jeder leisten.

Für Stars wie Hilary Swank ist das kein Problem. Die Schauspielerin hat dabei gleich doppeltes Glück: Sie erwartet Zwillinge.

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3 Kommentare

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  • hier wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Ja wir leben in einer Gesellschaft, die unglaublichen Druck auf Frauen ausübt, ja im richtigen Alter Kinder zu bekommen und trotzdem die Karriere nicht zu vernachlässigen, während man gleichzeitig möglichst ohne Haushaltshilfen Kindergeburtstage, Schulfeste und sonstige Festivitäten mit selbstgebackenem Kuchen ausstattet, bei den Hausaufgaben hilft und täglich die Wohnungsdekoration an die Jahreszeit anpasst.



    Und diesem Druck begegnen wir nun damit, unsere Eizellen einzufrieren, damit wir unsere Kinder erst dann bekommen, wenn wir uns sicher sein können, dass das Theater mit den Enkeln garantiert nicht wieder von vorne losgeht?



    Wäre es nicht sinnvoller, etwas an dem Druck zu ändern, damit Frauen sich frei entscheiden können, ob sie überhaupt Kinder haben wollen?

  • Medizinischer Fortschritt macht vieles möglich, allerdings ist nicht sicher, ob man alles, was möglich ist, auch tun sollte.



    Eine Schwangerschaft mit 48 Jahren hat einfach auch noch andere Konsequenzen als nur die Frage, wie intensiv diese Schwangerschaft medizinisch begleitet werden muß. Schwanger mit 48 bedeutet auch, 67 Jahre als zu sein, wenn das Kind - nach deutscher Rechtslage - volljährig wird, mit 72 ist es dann nicht mehr Teil der unmittelbaren finanziellen Planung, sollte es ein Studium aufnehmen. Ob man das unter pädagogischen Aspekten oder hinsichtlich der Frage der finanziellen Sicherheit während der Hochphase der Pubertät und eben eines Studiums für gut befindet, mag jeder für sich entscheiden.



    Auf jeden Fall aber bedeuten solche späten Schwangerschaften auch, sich vom Modell der Drei-Generationen-Familie zu verabschieden: wer mit 48 schwanger wird, hat wenig Chancen, noch seine Enkelkinder zu erleben. Aber wer denkt heute schon noch so weit...

  • Mit 48 Zwillinge als doppeltes Glück zu bezeichnen, ist gewagt. Denn man, sorry frau, steckt das nicht so einfach weg und zwei auf einmal bedeutet erstmal mehr als doppelte Arbeit. Das sollte aber bei Frau Swank keine Rolle spielen, da sie sich sicher genug bezahlte Hilfe leisten kann. Wenn ihre Karriere früh genug angefangen hat, wäre wohl auch die Kitaplatz Frage keine gewesen. Zumal die in den USA, und sowieso bei solchen Einkommen, privat gezahlt worden wären.

    Und ja, mit 25 oder 35 spielt es sich leichter mit 12 jährigen, als mit sechzig. Es ist ok, dass es die Möglichkeit von späten Schwangerschaften gibt, aber es ist keine gesellschaftliche Lösung.