doppelblind
: Mensch vs. Kakadu

Kakadus sind sehr kluge Vögel. Menschen sind sehr kluge Säugetiere. Und in den Vorstädten Sydneys treten sie gegeneinander an. Die Disziplin: Mülleimeröffnen. In der gefederten Ecke der Kakadu, der Nahrung aus den Mülleimern holen will und dabei allerhand Müll in der Umgebung verteilt. In der mit Daumen ausgestatteten Ecke der Mensch, der diesen Müll nicht außerhalb des designierten Eimers sehen will, aber die Mülleimer nicht so verschließen darf, dass Müllwagen sie nicht mehr entleeren können.

In einer Studie, die im Fachmagazin Current Biology erschien, haben For­sche­r*in­nen aus Deutschland und Australien nun untersucht, wie sich Menschen dem Verhalten der Kakadus anpassen. Die Au­to­r*in­nen hatten bereits in einer im Fachmagazin Science veröffentlichten Studie gezeigt, dass Kakadus voneinander lernen, wie man Mülleimer öffnet. Um nun die menschliche Reaktion zu dokumentieren, haben die For­sche­r*in­nen 3.283 Mülleimer in vier Vorstädten beobachtet. Für jeden Mülleimer wurde aufgezeichnet, ob er geschützt war, was das Konzept hinter der Schutzmaßnahme war, welche Methode verwendet wurde, die genaue Platzierung der Vorrichtung, ihr Material und ob sie am Mülleimer festgemacht war.

Die For­sche­r*in­nen fanden 52 einzigartige Kombinationen der Schutzmaßnahmen, die sie in 13 Cluster und dann noch einmal in fünf Stufen einsortiert haben. Stufe 1 sind ungeschützte Mülleimer. Maßnahmen der Stufe 2 lassen den Mülleimer in seiner Funktion unverändert, zum Beispiel durch eine Gummischlange zur Abschreckung auf dem Mülleimer. Stufe-3-Vorrichtungen verhindern das Anheben des Deckels, sind aber nicht befestigt, wie etwa ein Stein, während bei Stufe 4 das Wenden des Deckels beispielsweise durch einen Schuh verhindert wird. Vorrichtungen der Stufe 5 müssen am Mülleimer festgemacht sein, um das Öffnen zu verhindern, zum Beispiel durch ein Gewicht. Die For­sche­r*in­nen beobachteten, dass Stufe 2 und 3 von Kakadus umgangen werden konnten, aber nicht Stufe 4 und 5.

Bemerkenswert ist aber vor allem, dass die Maßnahmen nicht zufällig über die Vororte verteilt waren, sondern dass diejenigen, die Vorrichtungen ihrer Nach­ba­r*in­nen sehen konnten, ähnliche Methoden verwendeten. Eine großangelegte Umfrage unter den Be­woh­ne­r*in­nen der Vorstädte bestätigte dieses Bild: Zwei Drittel derjenigen, die ihre Mülleimer schützen, gaben an, von ihren Nach­ba­r*in­nen zu lernen. Damit zeigt sich beim Menschen das gleiche Lernverhalten wie bei den Kakadus.

Aus den Daten der Online-Umfrage modellierten die For­sche­r*in­nen außerdem, dass viele trotz Plünderungen ihre Mülleimer erst nach Jahren schützen. Gleichzeitig erhöhten sie ihre Maßnahmen, je länger die Kakadus die Mülleimer öffnen. Daraus und aus Berichten von Befragten schließen die Forscher*innen, dass lokale Kakadus nach einer Weile lernen, Maßnahmen der Stufen 2 und 3 zu umgehen.

Der Studie ist ein Bild angefügt, das einen Kakadu zeigt, der augenscheinlich mit einem Schwung seines Kopfes einen Ziegelstein vom Deckel eines Mülleimers befördert. Richard Major, einer der Au­to­r*in­nen der Studie, sagte dem Guardian, Kakadus hätten sich dem Zusammenleben mit Menschen aufgrund ihrer großen Gehirne und ihrer Geselligkeit hervorragend angepasst. Und mit ihrer Studie hätten sie gezeigt, „dass Menschen sich dem Zusammenleben mit Kakadus ebenfalls hervorragend anpassen“.

Jonas Waack