Erstes ökologisches Wald-Klo: Entlastung ganz anderer Art
In Tübingen wurde am Wochenende das bundesweit erste ökologische Wald-Klo eingeweiht. Erster Nutznießer des heißen Stuhls war ein Altbekannter.
Während man in ganz Deutschland aufgrund anhaltender Energiekrise und fragwürdigen Entlastungspaketen die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, ist in dem kleinen Dorf Tübingen die Welt wieder in Ordnung. Mussten bis vor Kurzem auf dem Premium-Spazierwanderweg „Wengertwegle“ tapfere Wandernde ihre Blase noch mitten in der Natur entlasten, bekommen sie nun tatkräftige Unterstützung von der Politik. Scheinbar ist die Verunreinigung entlang des sechs Kilometer langen Wanderwegs so hoch, dass die organische Entlastung zur ökologischen Belastung geworden ist. Ortsvorsteher Michael Rak euphemisiert das liebevoll als „Toilettenpapiersyndrom“.
Um Wandernden und Natur Entlastung zu verschaffen, findet sich jetzt auf dem Premium-Wanderweg ein Entlastungspaket ganz eigener Art. Zusätzlich zu Streuobstwiesen, Weinbauhängen und Waldpassagen findet sich dort nun auch ein Premium-Wald-Toilettenhäuschen aus Lärchenholz. Das ist ökologisch und als solche die erste Toilette ihrer Art. Gegen Verunreinigung und Geruchsentwicklung hilft am Örtchen eine einfache Schippe Sägespäne.
Finanziert werden die 3.900 Euro teure Toilette und die monatlichen Wartungskosten von 200 Euro aus dem Ortschaftsbudget. Sägespäne stehen für 200 Nutzungen zur Verfügung, was also Ausgaben von 1 Euro pro Nutzung entspricht. Im Kleinen kommen finanzielle Entlastungen eben doch noch an.
Erster Nutznießer
Auch diese – wie das nun wieder ad acta gelegte 9-Euro-Ticket – kommt aber nur probeweise. Das recht geräumige Klohäuschen (1 Meter breit und 2,30 Meter hoch) ist ein Pilotprojekt und muss sich in den nächsten sechs Monaten bewähren. Der Verdacht des Missbrauchs trifft dabei gerade die jüngere Generation, die durch den in diesem Jahr wiederaufgenommenen Festivalsommer eigentlich bestens im Umgang mit hochmodernen Ökotoiletten geschult sein sollte.
Erster Nutznießer des heißen Stuhls war der Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne, Mitgliedschaft ruhend), dessen bestimmte Aussagen manche Parteigenoss*innen vermutlich auch am liebsten mit Sägespänen überdecken würden. Gleiches gilt für die aktuellen Probleme im Rest des Landes. Doch dafür braucht es mehr als Lärchenholz und Sägespäne. Vernünftige Steuern für Mineralölkonzerne zum Beispiel.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen