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Liebe, Freude, Feierkuchen

Mit dem „Zug der Liebe“ machten Tausende Menschen tanzend auf soziale Probleme aufmerksam.

Von Andreas Hartmann

Einen Tag bevor die Technoparade „Zug der Liebe“ am Samstag durch die halbe Stadt zieht, vom Mauerpark im Prenzlauer Berg zum Moritzplatz in Kreuzberg, fragt noch jemand auf der Facebook-Seite der Veranstaltung: „Ich check irgendwie nicht, wofür man demonstriert? Kann mir da einer weiterhelfen?“ Man kann. Für die Liebe werde demonstriert, weiß jemand. Irgendwie ja auch logisch bei einem Zug der Liebe.

Aber es wird noch für viel mehr auf der Straße getanzt bei diesem Raver-Umzug. Die Liebe scheint eher der Oberbegriff für alles mögliche zu sein. Und man muss sagen: Das Themenspektrum bei dieser Demonstration ist enorm. „Obdach ist ein Menschenrecht“ steht auf einem Schild, woanders fordert jemand eine „Kulturvielfalt im Mauerpark“. Auf einem der Wagen, auf denen die DJs auflegen, steht: „Demokratie, Frieden, Gemeinschaft, Inklusion.“ Ein Raver fordert gar „Mehr Aufklärung über Multiple Sklerose“. Wenn man bedenkt, dass der Zug der Liebe, den es seit 2015 gibt, in der Tradition der Loveparade steht, ist es ein ganz schön langer Weg von „Friede, Freude, Eierkuchen“ hin zu solch ernsten Themen.

Während bei „Rave the Planet“ von Loveparade-Erfinder Dr. Motte Anfang Juli 200.000 Raver durch die Polizei gezählt wurden, kam diese am Samstag auf gerade mal 9.000 Besucher. Auch jenseits der Zahlen wurde deutlich, wie sehr sich die beiden Veranstaltungen unterscheiden. Bei Motte zog man symbolträchtig in Richtung Siegessäule, auf den riesigen Trucks tanzten die VIPs und es legten Star-DJs auf. Der Zug der Liebe dagegen bleibt kurz vor dem eher unglamourösen Moritzplatz stehen und die DJs hier kennt kein Mensch. Motte will den Ferrari unter den Technoparaden, der „Zug der Liebe“ scheint eher sagen zu wollen: Fahrt lieber Fahrrad.

Aber kleine Partys sind bekanntlich oft besser als Megaraves. Die Stimmung bei der Mini-Parade ist jedenfalls gut. Halbbesoffene tanzen neben jungen Menschen, die sich in die Trendklamotten der Saison unter Clubbern gezwängt haben: Lack-und-Lederfummel aus der Fetischabteilung. Gemeinsam trotten alle einem Musikwagen des Berliner Tierschutzvereins oder von Seawatch hinterher. Auch die Polizei scheint ein wenig ergriffen zu sein vom positiven Vibe der Veranstaltung. Als es über die Schillingbrücke geht, sagt sie an, dass nun für einen Moment lang die Musik stoppen müsse. Die Bässe könnten Schwingungen im Gebälk erzeugen. „Danke für euer Verständnis“, säuselt die Polizeisprecherin, „und habt noch viel Spaß“. Man spürt sie wirklich, die Liebe beim „Zug der Liebe“.

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