Zu teuer, zu billig: Kuhmilch versus Hafermilch

Preisvergleich im Supermarktregal. Ist ja ohnehin Standard in diesen Wochen, aber anstatt den Preis für eine Milchpackung am Kühlregal mit dem Preis im Kopf zu vergleichen, kann man auch einfach mal ein paar Reihen weiterwandern. Zu den pflanzlichen Milchprodukten, also denen aus Hafer, Soja oder Mandeln.

Dort dann einmal Augen reiben: Wieso kostet ein Produkt, das im Wesentlichen aus Wasser, dazu etwas Hafer, Öl und Salz besteht, immerhin in Bioqualität, mehr als eines, für das Kühe gemolken, gehalten und gefüttert wurden und dieses Futter gepflanzt, bewässert und meistens noch importiert werden musste?

Zunächst einmal: Die Spannbreite bei den Preisen von Hafermilch ist groß. In Drogerien und Discountern ist ein Liter Bio-Hafermilch der Eigenmarke für unter einem Euro erhältlich. Produkte namhafter Hersteller kosten in der Regel um die zwei Euro, manche liegen auch darüber. Hier wirken unter anderem zwei Effekte. Zunächst der Skaleneffekt: Wer in großem Stil produziert, kann das aufs Produkt gerechnet günstiger tun, weil beispielsweise im Einkauf günstigere Preise herausgehandelt werden können. Zweitens: Wo bei Eigenmarken Händler und Hersteller identisch sind, fällt ein Akteur der Wertschöpfungskette weg und damit auch ein Teil der Marge.

Der Skaleneffekt greift auch im Vergleich von Kuhmilch zu Hafermilch. Trank je­de:r Bun­des­bür­ge­r:in im vergangenen Jahr im Schnitt rund 48 Liter Kuhmilch, waren es bei Hafermilch bezogen auf das Jahr 2020 im Schnitt gerade einmal 1,5 Liter. Und während bei Kuhmilch die Produktionsanlagen und Herstellungsketten über Jahrzehnte optimiert und auf Effizienz getrimmt wurden, steht dieser Prozess bei den pflanzlichen Alternativen noch eher am Anfang. Die Kosten für die Entwicklung von Produkt und Produktionsprozessen und der Aufbau der Produktionsstätten müssen also noch stärker in den Preis einfließen. Bran­chen­be­ob­ach­te­r:in­nen vermuten darüber hinaus, dass eine höhere Zahlungsbereitschaft bei den Käu­fe­r:in­nen von pflanzlichen Alternativprodukten und der insgesamt kleinere Markt dazu beiträgt, dass sich die Hersteller höhere Preise erlauben können.

Doch es gibt auch externe Faktoren für die Preisunterschiede. Da wäre zunächst die Sache mit der Mehrwertsteuer. Der reguläre Satz von 19 Prozent wird bei den Pflanzendrinks fällig. Bei Kuhmilch profitieren Produzenten und Handel dagegen von der Grundnahrungsmittel-Regelung und dem ermäßigten Satz von 7 Prozent. Dazu kommen weitere Beihilfen. So kam eine Studie im Auftrag des European Milk Board im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis, dass in Deutschland in jedem Kilo konventionell erzeugter Milch – ein Liter entspricht laut der Rohmilchgüteverordnung 1,03 Kilogramm – knapp 3 Cent an Beihilfen stecken, und zwar bezogen auf die Erzeugung. Ohne die Beihilfen würden die Land­wir­t:in­nen ein Minus machen.

So gesehen ist nicht die Hafermilch deutlich zu teuer, sondern die Kuhmilch zu billig. Interessanterweise ist mit den aktuell steigenden Preisen für Energie und Rohstoffe eine Trendwende erkennbar: Eine preisangebende Discounterkette erhöhte jüngst die Preise für Kuhmilch. Je nachdem, zu welcher Milchart – von Vollfett über fettarm bis bio – Kun­d:in­nen greifen, zahlen sie nun mindestens so viel wie bei der Hafervariante, meistens aber mehr. Deren Preis blieb vorerst stabil.