piwik no script img

Todesfahrer bleibt Gericht fern

Vor eineinhalb Jahren tötete ein Autofahrer drei Menschen. War es ein illegales Autorennen?

Wegen des Todes von drei Fußgängern in Neumünster muss sich ein Autofahrer vor dem Kieler Landgericht verantworten. Doch der für Montag geplante Prozessauftakt musste auf Donnerstag verschoben werden: Der 26-Jährige blieb dem Gericht fern und ließ sich stattdessen wegen Kokain-Konsums in eine Klinik nach Rendsburg bringen. „Ohne den Angeklagten kann ich nicht verhandeln“, sagte der Vorsitzende Richter Stephan Worpenberg.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Autofahrer vor, am Abend des 20. Januar 2021 in Neumünster mit seinem Wagen eine Fußgängergruppe erfasst zu haben. Noch am Unfallort starben ein 34 Jahre alter Mann und dessen 30 Jahre alte Lebensgefährtin, beide waren Polizisten. Wenige Tage später erlag eine 27-Jährige ihren Verletzungen. Der Angeklagte muss sich wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens verantworten. Nach Ansicht der Kammer kommt auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung in Betracht.

Laut der von der Schweigepflicht entbundenen Ärztin habe der 26-Jährige am Montagmorgen nach eigenen Angaben Kokain genommen, sagte der Vorsitzende Richter. Der Angeklagte habe verschwitzt und zittrig vor der Ärztin gesessen. Eine längere Behandlung sei aber nicht notwendig, er solle am Donnerstag wieder entlassen werden.

Fahrt unter Drogeneinfluss

Oberstaatsanwalt Axel Hackethal kündigte an: „Wir prüfen einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls.“ Alternativ komme ein Antrag auf Vorführung des Mannes in Betracht.

Obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen worden war, soll der damals 24-Jährige Anfang 2021 – unter Einfluss von Drogen – gefahren sein. In einer langgezogenen Rechtskurve soll er wegen überhöhter Geschwindigkeit von der Straße abgekommen und nach Kollision mit mehreren Pollern, einem Verkehrsschild und einem Baum die Gruppe auf dem Gehweg erfasst haben.

Den Prozess im voll besetzten Saal des Landgerichts verfolgten zahlreiche Angehörige der Opfer. „Den Angehörigen geht es sehr schlecht“, sagte ein Nebenklägervertreter. Dass der Autofahrer nicht zum Prozessauftakt erschienen sei, habe zu großer Enttäuschung geführt. Auf einem der Zuschauerplätze saß auch der Vater der beiden ums Leben gekommenen Frauen. „Wirklich schlecht“ gehe es ihm, sagte der Mann. Er hoffe, dass der Mann nicht mit Geldstrafe und Sozialstunden davonkomme.

Für die Strafzumessung wird bei einer Verurteilung entscheidend sein, ob die Tat als fahrlässige Tötung oder als verbotenes Kraftfahrzeugrennen gewertet wird. (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen