Kandidatur: Bolsonaro will noch mal

Zehntausende in Grün und Gelb gekleidete Bra­si­lia­ne­r*in­nen hatten sich am Sonntag in einer Veranstaltungshalle im Norden Rio de Janeiros eingefunden. Amtsinhaber Jair Bolsonaro wurde hier offiziell zum Kandidaten für die am 2. Oktober stattfindende Präsidentschaftswahl gekürt. Der Rechtsradikale geht für die Liberale Partei (PL) ins Rennen, der er sich erst Ende des vergangenen Jahres angeschlossen hatte. Es ist seine neunte Partei. Als Vizepräsidentschaftskandidat wurde der ultrarechte General und ehemalige Verteidigungsminister Walter Souza Braga Netto benannt. Bei seiner Nominierungsrede polterte Bolsonaro in gewohnter Manier gegen den Obersten Gerichtshof und verbreitete Lügen über das elektronische Wahlsystem – frenetisch von seinen An­hän­ge­r*in­nen gefeiert. Auch wenn sich Bolsonaro auf den harten Kern seiner Wählerbasis verlassen kann, sieht es in Umfragen nicht gut für ihn aus. Ex-Präsident Luiz „Lula“ Inácio da Silva, der bereits am Donnerstag offiziell als Kandidat nominiert wurde, führt mit großem Vorsprung. Doch in den letzten Wochen hatte Bolsonaro leicht aufgeholt. Was ihm zudem zugute kommen könnte: Der Kongress hob die Obergrenze der Staatsausgaben auf. Das ermöglicht mehr Ausgaben für Sozialleistungen und könnte dem angeschlagenen Bolsonaro wichtige Stimme bringen. Sollte in der ersten Runde kein Kandidat auf über 50 Prozent der Stimmen kommen, gibt es am 30. Oktober eine Stichwahl. 2018 war Lula wegen Korruption zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Er hatte die Vorwürfe stets bestritten und sprach von politischer Verfolgung. An der Präsidentschaftswahl konnte er nicht teilnehmen und Bolsonaro gewann. 2021 hob das Gericht das Urteil gegen Lula auf. (nfr)