Zweisprachiges Dynamit

Mit einem 4:0-Sieg gegen die Tschechen und Slowaken aus Rumänien startet das Team der dänischen Minderheit in Deutschland in die Europeada in Kärnten

Von Ralf Lorenzen

Seit Samstag weht die dänische Flagge am Florianihof am Klopeiner See in Kärnten. Hier ist der 28-köpfige Tross des Fußballteams der dänischen Minderheit eingezogen, die Sydslesviger, wie es auf ihren Trikots steht. Am Sonntagmittag, drei Stunden vor ihrem ersten Spiel bei der Europameisterschaft der nationalen Minderheiten, die Europeada, haben sie gerade die Mannschaftsbesprechung hinter sich und nehmen drinnen einen Snack ein. „Wir haben besprochen, wieviel Arbeit hier drinsteckt und mit welchem Respekt wir auftreten wollen“, sagt Trainer Tore Wächter der taz auf der Hotel-Terrasse, auf der es selbst unterm Sonnenschirm brütend heiß ist.

Seit sechs Jahren bereiten sich die meisten des Teams auf diesen Augenblick vor. Ganz besonders wird er für Tim Meyer aus Tönning sein. Er ist seit der Gründung dieser Mannschaft vor der ersten Europeada im Jahr 2008 dabei und macht heute sein 50. Spiel für die Auswahl. „Es ist ein stolzes Gefühl, das Vertrauen zu bekommen, hier für die Flagge und die Hymne auflaufen zu dürfen“, sagt er.

Mit der Hymne meint er die dänische Nationalhymne – und die erklang auch als die Südschleswiger am Samstagabend wie alle 19 Männer- und vier Frauenteams der Europeada im Innenhof des Stifts Eberndorf auf die Bühne kamen und sich der Bevölkerung der Region vorstellten. Schon die Einlaufmusiken gaben einen Vorgeschmack auf die Vielfalt der Sitten und Bräuche, die sich in der kommenden Woche begegnen. Die reichten von einigen Nationalhymnen über alpenländische Klatschmärsche bis zur eigens komponierten Hymne der ungarischen Roma.

Insgesamt gibt es in Europa über 400 sprachliche Minderheiten, von denen gut 100 unter dem Dach der 1949 in Paris gegründeten Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) organisiert sind. Die FUEN, deren Hauptsitz in Flensburg ist, organisiert auch die Europeada.

Nur kurz geblieben sind Meyer und seine 18 Mitspieler beim Eröffnungsevent trotz Popkonzert und Bierständen. In den letzten vierzehn Jahren ist nicht nur die Organisation der Europeada ständig professioneller geworden, auch die Vorbereitung der Südschleswiger. Knapp 35.000 Euro kostet die diesjährige EM-Mission, zusammengebracht von einem Sponsor, einem Förderverein und dem Dachverband der dänischen Minderheit. Das Quartier wurde Monate vorher inspiziert, drei Physiotherapeuten und sechs weitere Betreuer kümmern sich um perfekte Rahmenbedingungen der Spieler.

Das aus Spielern von der Kreisliga bis zum Regionalligisten Weiche Flensburg zusammengesetzte Team ist wahrscheinlich besser vorbereitet als das dänische Nationalteam bei der EM 1992. Das reiste als Nachrücker an und wurde Europameister. Seitdem kennt jeder Fußball-Fan in Europa die dänische Fan-Hymne „We are red, we are white, wie are danish dynamite“. Das Lied schmettert die Mannschaft von Trainer Tore Wächter auf der Busfahrt vom Hotel nach Klagenfurt ausgiebig. Das wollen sie am Mittwoch auf dem Kulturtag der Europeada als ihren Beitrag zum Besten geben.

Ihre Zweisprachigkeit leben die Spieler, die fast alle auf dänische Schulen in Flensburg, Schleswig und Umgebung gingen oder noch gehen, hier konsequent. „Wir repräsentieren hier die dänische Minderheit, deshalb haben wir die Sprachregelung getroffen, dass wir im öffentlichen Raum dänisch sprechen“, sagt Teamleiter Ruwen Möller. Auf dem Platz im Stadion des Drittligisten SAK Klagenfurt, der zur großen slowenischen Minderheit in Kärnten gehört, ist ihre Sprache allerdings deutsch. Das ist im Spiel gegen die Tschechen und Slowaken aus Rumänien vom Anpfiff weg klar.

Trotz spielerischer Überlegenheit dauert es bis zur 43. Minute, bis Tim Meyer frei zum Abschluss kommt und mit einem harten Schuss unter die Latte den Torreigen eröffnet. Zum Finale am kommenden Samstag möchten die Südschleswiger wieder nach Klagenfurt reisen. Und danach auch endlich die Bar im Florianihof stürmen. Klare Favoriten sind allerdings die deutschsprachigen Südtiroler, die alle bisherigen Turniere gewonnen haben.