Kosmische Primaten in Schöneberg

Der Plattenladen Dodo Beach in der Vorbergstraße ehrt die „Godmother of Punk“ mit einer kleinen Ausstellung. Die „Hommage an Patti Smith“ zeigt Comiczeichnungen und Malereien, die sich mit Smith’ Werk befassen

Reinhard Kleist hat schon Graphic Novels zu Nick Cave und David Bowie rausgebracht. Hier ist Patti die Heldin Illustration: Reinhard Kleist

Von Robert Mießner

Auch das noch! In einer Schöneberger Seitenstraße sind die kosmischen Primaten gelandet. „Space Monkey“ heißt ein Bild des Malers Raoul Doré alias Pencil Quincy. Es zeigt vor himmelblauen Hintergrund eine spukhafte Szene, die einen Kampf darstellen könnte. Zwei Gestalten stehen sich gegenüber, der einen quellen die Augen aus einem rotbraun angelaufenen Kopf, die andere ist ein schneeweißes Geisterwesen. Einzig ihr Becken leuchtet rot. Ihrem Gegenüber, nach dessen Mund sie greift, so, als wolle sie das Gebiss prüfen, wachsen aus Armen und Beinen kleine Teufelswesen. Beiden Kreaturen sitzt noch einmal ein Etwas im Nacken.

„Space Monkey“ ist ein 1978 auf der LP „Easter“ von der Patti Smith Group erschienener Song, dessen an die Doors erinnernde psychedelische Bockigkeit Doré inspiriert hat. Das Acryl auf Papier-Querformat gehört zu der Kollektivausstellung „Hommage an Patti Smith“, die noch für zwei Wochen im Plattenladen Dodo Beach in der Vorbergstraße zu sehen ist. Zentral in der Schau ist ein wandfüllendes Portrait: David Maars zeigt Smith, wie ihr die weißen Haare aus dem schwarzen Hintergrund förmlich herausleuchten. Überhaupt tritt Smith oft als ältere Künstlerin auf. Mit dem Druck „Le Bain Turque“ hat sich der Illustrator, Maler und Comiczeichner Typex Jean-Auguste-Dominique Ingres, einen Vertreter der orientalistischen Malerei zur Vorlage genommen und Patti Smith zentral im türkischen Bad platziert. Etwas versteckt kurz vor dem Warenlager gehängt ist einer der Beiträge des Comiczeichners Reinhard Kleist: „Patti On A Beach“, Smith sitzend an einen Baum gelehnt, dessen Äste den Notizzetteln der Künstlerin den Weg über das offene Wasser weisen. Die Arbeit ist in einer Farb- und einer Schwarzweißvariante zu sehen, es lohnt sich, die unterschiedlichen Effekte hier wirken zu lassen.

Hauptsächlich zwei Exponate sind es, die auf Patti Smith in der Starrolle verzichten. Da ist Silke Thoss‘s Mixed-Media-Arbeit „Because The Night Belongs To Lovers“: Sie zitiert den Songrefrain und baut ihn in eine uramerikanische Leuchtreklame ein, Hamburger und Fritten inklusive. Die andere Hommage ohne ikonographische Darstellung ist die von Raoul Doré.

Was eigentlich ist ein „Space Monkey“? In einem Brief von 1975 erwähnt Patti Smith ihn als möglichen Albumtitel. In der Raumfahrtforschung nach dem Zweiten Weltkrieg waren es auch Affen, die zu Versuchszwecken ins Weltall geschossen worden sind. Wenige haben überlebt. In einem Horrorfilm könnten ihre Geister sich materialisieren und wiederkommen.

In Patti Smith’ Song landet ein ominöser, irgendwie göttlicher Fremder auf der Ninth Avenue. Sie erkennt ihn als zu ihr gehörig, alle anderen nehmen Reißaus. In der letzten Strophe ruft er aus einem Baumwipfel, sie steigt ein, als sich eine Banane als UFO entpuppt. Mach‘s gut Mama, ich habe zum letzten Mal abgewaschen, heißt es dann noch im Lied. Und schließlich entfernt sich Smith von ihrem Körper und dem Planeten und folgt dem kosmischen Primaten.

„Hommage an Patti Smith“: Dodo Beach Record Store, Mo bis Sa 13 bis 18 Uhr