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Lukas Märtens bei der Schwimm-WMIm Dauerkraulmodus

Bei der Schwimm-WM in Budapest holt Lukas Märtens die erste deutsche WM-Medaille über 400 Meter Freistil seit 2011. Auch die mentale Stärke stimmt.

Die entscheidenden Zentimeter schneller: Lukas Märtens in Budapest Foto: Petr David Josek/dpa AP

Bei ihren Planungen für die Schwimm-WM mussten sich Lukas Märtens und sein Heimtrainer Bernd Berkhahn nur einmal kurz in die Augen schauen, dann war die Sache geritzt. Der gebürtige Magdeburger soll, so lautete die Abmachung zu Saisonbeginn, bei den Titelkämpfen in Budapest so oft wie möglich antreten. „Ich wollte alles schwimmen, und wir waren komplett einer Meinung“, berichtet Märtens von dem sehr kurzen Strategiegespräch mit Berkhahn – dessen Gedanke klar ist: Für seinen Schüler ist es am besten, in diesem Sommer möglichst viele Rennen und Erfahrungen mitzunehmen. Um mit Blick auf Olympia 2024 das Programm dann gezielt zu splitten – und nur noch ein paar ausgewählte Strecken anzugehen.

Aktuell ist der 20-Jährige im Dauerkraulmodus – und tilgte mit seiner Silbermedaille über 400 Meter Freistil gleich am ersten WM-Tag einen persönlichen Malus. Bei den Spielen von Tokio war er vor zehn Monaten bei allen drei Einzelstarts im Vorlauf ausgeschieden. Obwohl er zuvor, wie auch in diesem Frühjahr wieder, mit Spitzenleistungen geglänzt hatte. „Es ins Finale zu schaffen, ist ein großer Sprung. Internationale Großereignisse wie die WM oder EM sind noch mal etwas ganz anderes als ein Qualifikationswettkampf. Das kann man nicht vergleichen“, wusste Märtens vor der Abreise nach Ungarn – und hämmerte sich ein: „Dort meine Zeit auf den Punkt abzurufen, das wäre schon eine große Leistung. Und das erfordert auch viel Konzentration vor Ort.“

Sein Konzentrationslevel in der Duna Arena lag am Samstag dann so hoch, dass er die gefährliche Barriere, den Vorlauf, als Viertschnellster diesmal souverän umschiffte – und seine Leistung im Finale am frühen Abend noch mal deutlich um fast zweieinhalb Sekunden steigerte. Nur der Australier Elijah Winnington kraulte in 3:41,22 Minuten um 1,63 Sekunden schneller durch den Pool als Märtens, der sich nach seinem zweiten Rang – der ersten WM-Medaille für den DSV auf dieser Strecke seit 2011 – zwar völlig ausgelaugt durch die Interviewzone schleppte. Zugleich erklärte er aber mit einem erschöpften Strahlen: „Es ist unbeschreiblich – ich bin super zufrieden mit der Zeit.“

Ausgesprochen happy war auch sein akribischer Coach am Beckenrand. „Für uns ist es ein Sieg“, betonte Berkhahn stolz. Und schon richtete der 51-Jährige, der seit Januar 2019 auch das Amt des Bundestrainers bekleidet, den Blick auf Märtens’ nächsten Auftritt am Sonntagmorgen.

Am Erfolg Geschmack gefunden

Im Gegensatz zum Teamkollegen Rafael Miroslaw, der sein WM-Pensum über 200 Meter Freistil als Vorlauf-26. früh beendete, qualifizierte sich Märtens mit der siebtschnellsten Zeit problemlos für das Halbfinale am Abend. „Ich habe das Rennen von gestern relativ gut weggesteckt, aber die Beine sind immer noch schwer“, beschrieb der Trainingspartner von Freiwasser-Olympiasieger Florian Wellbrock seine Verfassung.

Neben dem offensichtlich gelungenen Formaufbau zum ersten Highlight der Saison scheint bei Märtens diesmal vor allem auch die mentale Stärke zu stimmen. Im vergangenen August machte ihm die Psyche beim Anblick der fünf Ringe noch einen dicken Strich durch die olympische Rechnung. Am Ufer der Donau hat Märtens dagegen gleich zum Auftakt Geschmack am Duft des Erfolgs gefunden.

Erst beim Fußball gelandet

Sein Hauptaugenmerk liegt nun auf den 800 Meter Freistil, bei denen die Vorläufe am Montagmorgen anstehen. Und auf den 1.500 Metern Freistil, die an den letzten beiden WM-Tagen stattfinden. „Die 800 und 1.500 Meter gehe ich richtig an, damit ich da vielleicht noch mal eine Medaille hole“, kündigt der Lebensgefährte von Isabel Gose an – die am Samstag eine halbe Stunde nach ihrem Partner ins Wasser sprang, nach ihrem fünften Platz über 400 Meter Freistil allerdings mit enttäuschter Miene aus dem Becken stieg.

Das gleichaltrige Schwimmer-Paar lebt in Magdeburg zusammen, ihre Wohnung liegt direkt neben der Schwimmhalle. Das macht die Wege im anstrengenden Trainingsalltag angenehm kurz – und dass ihn sein beruflicher Weg nicht in eine andere Sportart führte, damit hat sich Lukas Märtens ohnehin schon lange abgefunden. „Zuerst gab es für mich auf jeden Fall Fußball. Das ist eigentlich der Sport, den ich schon immer machen wollte“, sagt der Freistilspezialist, der als kleiner Junge mal eineinhalb Jahre bei Post SV Magdeburg kickte. „Das Zweite war dann das Schwimmen. Und da hat es bei mir direkt gefunkt.“

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