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Begegnungen in Hannover

Etwas, das wir alle mit uns herumtragen: „Erbe“ ist das Thema beim Arabischen Theatertreffen

Von Valeria Bajana Bilbao

Seit 2012 findet in Hannover das Arabische Theatertreffen statt – nicht ganz regelmäßig, mal alle zwei oder auch mal drei Jahre. Nach zwei reinen Online-Panels 2020 und 2021 treffen sich Publikum und Theaterma­che­r*in­nen jetzt wieder persönlich im Kulturzentrum Pavillon. Und wieder sollen dabei aktuelle Debatten aufgegriffen werden.

„Erbe“, das diesjährige Thema, kann vielseitig interpretiert werden. Fettah Diouri und Katharina Wisotzki, zwei der vier Leiter*innen, sind sich einig: Erbe ist ein Stück Gesellschaft. Es ist die Geschichte eines Landes, die je­de*r mit sich trägt. Beim Erbe geht es um Identitätsfragen und die schmerzhafte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit – aber auch um andere Fragen, sagen die Festivalverantwortlichen.

Zur Beantwortung hat das Festival Theatergruppen aus Marokko, Libanon, Tunesien, Ägypten und Kuwait eingeladen, genauso aber auch Vertreter*innen arabischer Communitys in Kanada. Sieben Stücke und ein Konzert stehen auf dem Programm, gespielt wird in verschiedenen Sprachen mit deutschen, teils zusätzlich englischen Übertiteln. Begleitende Fachgespräche sollen zum Dialog mit dem Publikum ermutigen.

Der Aspekt der Begegnung ist überhaupt wichtig für Sabine Trötschel, eine weitere Festivalleiterin: Es solle der Dialog zwischen Künst­ler*in­nen und dem Publikum gefördert werden, ebenso der Austausch unter den Künst­le­r*in­nen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Situation arabischer Theatermachender und den Herausforderungen, denen sie sich gegenüber sehen.

Anders als in den ersten Jahren bekommt das Arabische Theatertreffen inzwischen Unterstützung durch die Stadt Hannover und die Kulturstiftung des Bundes. So ist die Finanzierung für dieses Jahr gesichert. Dennoch bleiben einige alte Probleme ungelöst: So wartete eine Gruppe Teil­neh­me­r*in­nen aus Algerien Mitte der Vorwoche noch auf die Einreise-Visa – Ausgang unklar.

Als empörend bezeichnen Diouri und Wisotzki die deutsche und europäische Grenzpolitik: „Auf kultureller Ebene ist ein internationaler Austausch gewünscht und er wird auch gefördert“, sagt Wisotzki. „Aber es kollidiert mit der aggressiven Flüchtlingspolitik der EU. Wir sind mittendrin und versuchen aber natürlich alles dafür zu tun, dass unsere Künst­le­r*in­nen anreisen können.“ Das sei ihre Verantwortung, aber auch eine Entscheidung: „zu sagen, wir schrecken nicht davor zurück“.

Arabisches Theatertreffen: 7.–12. 6., Hannover, Kulturzen­trum Pavillon. Programm und Tickets: https://pavillon-­hannover.de

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