wortwechsel: Kassensitz, Katholikentag und Krieg
Auf dem Land sind Kassensitze billiger, aber da will keiner hin. Ob die EU-Verordnungen wirklich die Macht der Onlineplattformen brechen? Und bringt das 9-Euro-Ticket?
Kassensitz Psychotherapie
„Was kostet die Couch?“,
taz vom 19. 5. 22
Sie haben vergessen zu erwähnen, dass es durchaus Sitze gibt die zu sehr kollegialen Preisen (2.000 bis 5.000 Euro) oder zum Teil sogar umsonst von den Praxisinhabern weitergegeben werden wollen. Diese finden aber keine Abnehmer, weil die jungen Kollegen lieber in Berlin am Prenzlauer Berg eine schicke Praxis eröffnen möchten als in der ländlichen Gegend. Die Verdienstmöglichkeiten sind in beiden Fällen exakt gleich. Im Übrigen sind die Gewerbemietverträge häufig mit langen Kündigungsfristen verbunden, so dass es häufig doch zu einer Übernahme der Räume/des Vertrags und des Praxisinventars kommt. Solange es so bleibt, dass die jungen Kollegen es ausschließen, auch andere als ihre „Wunschlocations“ in Betracht zu ziehen, so lange wird auch keine Besserung der Lage in Sicht sein. Nicht selten überbieten sich die jungen Kolleginnen, um an ihren „Wunschsitz“ zu kommen.
Es ist im Übrigen wirklich so, dass eine ganze Reihe von Kolleginnen nach der Einführung des Psychotherapeutengesetzes nicht in das Versorgungswerk der Psychotherapeutenkammern aufgenommen worden sind, aus Altersgründen. Bei den davon betroffenen Kolleginnen geht es um die Altersvorsorge. Ich finde es schade, dass sie nur eine Seite der Medaille in ihrem Bericht erwähnen. Da hätte ich mir eine ausgewogenere Berichterstattung gewünscht. Elena Fiebig, Leverkusen
Hartz-IV-Sanktionen
„Großversuch für ein Jahr“,
taz vom 21. 5. 22
Nun ja, wie immer die Klassengesellschaft und „Beamte“ der Arbeitsagentur, die über die Jahre ihre (sadistische) Freude am Bestrafen kultivieren. Sie erfinden auch gerne die allerunsinnigsten Maßnahmen, um dann sanktionieren zu können. Das kenne ich selbst. Und die Vermutung, dass amtsinterne Scores erreicht werden müssen, ist überhaupt nicht abwegig. Da passt es dann auch, wenn auf anderen Feldern kriminelle UnternehmerInnen gehätschelt werden, weil’s Kapital doch so ein scheues Reh ist.
Jürgen Schmidt, Kiel
Die Kinderfrage
„Warum sind überall kleine Fussel in der Luft, wenn die Sonne scheint?“,
taz vom 21. 5. 22
Liebe taz, da muss ich aber mal was korrigieren. Der Himmel ist nicht blau, weil das Licht an Partikeln in der Luft gebrochen oder reflektiert würde, sondern weil es an den Luftmolekülen gestreut wird. Wer es genauer wissen will: Das nennt sich Rayleigh-Streuung, und dabei wird das Licht proportional zur vierten Potenz der Frequenz gestreut. Da blaues Licht eine höhere Frequenz hat als zum Beispiel rotes Licht, ist der Himmel blau und die Sonne morgens und abends rot, weil das Sonnenlicht dann einen längeren Weg durch die Luft zurücklegen muss, und alle anderen Farben stärker gestreut werden.
Hannelore Lünstroth, Berlin
Katholikentag
„Der alte Klerus ist am Ende, weiß es nur noch nicht“,
taz vom 25. 5. 22
Der messerscharf-analytische, zugleich empathisch-wohlwollende und fast prophetische Ein- und Ausblick zur Lage der r/k Kirche tut richtig gut. Jan Feddersens Worte in Gottes Ohr: Ich hoffe mit ihm, dass Aufbruch, Aufklärung, Aufräumen und die dringend notwendige Erfrischung gelingen oder zumindest beschleunigt werden und dem (meinem) Verein das Schisma / die Reformation 2.0 erspart bleiben. Ansonsten wird’s zappenduster. Alois Giglberger, Geiselhöring
Tankrabatt
„Die Preise können weiter steigen“,
taz vom 25. 5. 22
Wahrscheinlich wird der Spritpreis bis zum 31. Mai auf 2,30 Euro steigen und dann wundersam auf 2 Euro sinken. Die Steuerermäßigung muss doch mitgenommen werden … Aber von Gewinnabschöpfung für „Kriegsgewinnler“ ist ja keine Rede mehr. Wer mit Bleifuß weiterfährt, wird unterstützt und kann ja, wie der Finanzminister, dafür einen Baum kaufen. Und wo bleibt der 100-Milliarden-Fonds zur Aufrüstung des ÖPNV, mit anschließenden 2 Prozent des BIPs jährlich für den ÖPNV? Die Verkehrsunternehmen kündigen ja schon an, dass sie nach dem Ende der 9-Euro-Zeit ihre Preise deutlich erhöhen müssen. Chricki, auf taz.de
EU-Chatkontrolle
„Protest gegen Chat-Überwachung“,
taz vom 19. 5. 22
Die EU-Kommission ist mit der Behauptung angetreten, die Macht großer Onlineplattformen zu brechen. Schon mit dem Digital Services Act hat sie stattdessen den Plattformen mehr Befugnisse gegen deren eigene Nutzer gegeben. Mit der Vorlage zur Chatkontrolle will sie die Onlineplattformen verpflichten, alle Kommunikation der sie Nutzenden ständig zu überwachen und verdächtiges Verhalten an offizielle Stellen zu melden. Die Plattformen, die seit Jahren Nutzende gegeneinander aufhetzen, sollen nicht etwa stärkere Pflichten gegenüber den sie Nutzenden erhalten, sondern zu Handlangern der Politik gemacht und zum Verrat der sie Nutzenden verpflichtet werden. Dass das passiert, während eine Deutsche die Kommission leitet, ist an Zynismus kaum zu überbieten, denn sie sollte wissen, wohin so ein System führen kann.
Arne Babenhauserheide, Graben-Neudorf
Kriegsopfer der USA
„Kriegsverbrecher verurteilt“,
taz vom 23. 5. 22
Dass ein russischer Soldat wegen Ermordung eines Zivilisten verurteilt wurde, ist in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, was schon alles durch die USA geschah, zum Beispiel die Folterungen in den Gefängnissen von Abu Ghraib und Guantanamo. Der völkerrechtswidrige Krieg der USA und seiner Verbündeten gegen den Irak brachte 2003 30.000 irakischen Soldaten und 115.000 bis 600.000 irakischen Zivilisten den Tod.
Russland wird von den USA als einer der Erzfeinde ausgewiesen, und man versucht, es tot zu rüsten. Es wird im Westen für jede Verfehlung verurteilt, ungeachtet der weit größeren Verfehlungen des Westens. Um einen Weltenbrand zu vermeiden, ist ein Konsens nötig, dass die Ukraine nicht zu einer Angriffswaffe gegen Russland ausgebaut wird.
Hans Oette, Neuenstadt
9-Euro-Ticket
„Flatrate für den Nahverkehr“,
taz vom 21. 5. 22
Das 9-Euro-Ticket im öffentlichen Personennahverkehr ist eine gute Idee zur Energieeinsparung, könnte jedoch zum Rohrkrepierer werden. Die Nachfrage der Bürger könnte sich in den Sommermonaten derart stark entwickeln, dass dem Nahverkehr sogar der Kollaps droht. Die Sünden der deutschen Verkehrspolitik in den vergangenen Jahre werden durch die Krise schonungslos offengelegt. Die notwendige Energiewende wurde völlig „verschlafen“. Man hat politischerseits den ehemals insgesamt gut funktionierenden ÖPNV zugunsten der Automobilindustrie geopfert. Alfred Kastner, Weiden
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