: Summen zwischen den Grabsteinen
Auf über 150 Friedhöfen in Deutschland entsteht mehr Lebensraum für bedrohte Wildbienen und andere Insekten. Friedhofsgärtner gestalten freie Flächen für mindestens fünf Jahre auf eigene Kosten um
Zu Lebzeiten kann man mit einer Friedhofsgärtnerei einen Vertrag abschließen, in dem geregelt wird, dass nach dem Tod das Grab dauerhaft von der Gärtnerei gepflegt wird. Die Treuhandstelle für Dauergrabpflege verwaltet diese Verträge und kontrolliert die Einhaltung. Um etwas für den Schutz von bedrohten Wildbienen und anderen Insekten zu tun, hat die Treuhandstelle 2018 das Projekt „Bienengartenpaten“ gestartet.
Viele Friedhofsgärtner haben sich seitdem bereit erklärt, auf eigene Kosten freie Flächen bienenfreundlich umzugestalten. Sie pflegen Staudenbeete von 2,5 mal 2,5 Meter mindestens fünf Jahre lang kostenlos. Auf diese Weise sind mehr als 150 Bienengärten in Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern entstanden.
Zu diesen Bienengartenpaten gehört auch Martin Cziborra, Inhaber der Friedhofsgärtnerei Boese in Magdeburg. Er hat auf dem Neuen Sudenburger Friedhof in der Landeshauptstadt eine im Halbschatten liegende Fläche angelegt, mit Narzissen, Goldhut, Osterglocke, Golderdbeere und Purpurglöckchen. Bienen und Hummeln fühlen sich hier hör- und sichtbar wohl. „Das spart auf Dauer auch Zeit und Geld, denn dort war einst Rasen, der jetzt nicht mehr gemäht werden muss“, sagt der Friedhofsgärtnermeister. Die bienenfreundlichen Staudenbeete sind nach seinen Angaben nicht besonders teuer, sie haben zudem den Vorteil, dass sie auch bei langer Trockenheit nicht so intensiv begossen werden müssen wie viele andere Pflanzen.
„Es ist eine schöne Idee, dass man durch die Anlage von solchen Beeten etwas für das Überleben von bedrohten Wildbienenarten tun kann. Auch immer mehr meiner Kunden mögen das Naturfreundliche und lassen sich durch mich beraten“, freut sich Cziborra. Einer seiner Tipps: Auf gefüllte Blüten sollte man verzichten, denn dort kommen keine Bienen rein. Wichtig sei bei der Vorbereitung, den Boden richtig umzugraben und zu bedenken, wie hoch die geplanten Pflanzen werden können. Auf einem Schild neben seinem Beet auf dem Sudenburger Friedhof finden Besucher auch folgende Information: „Wussten Sie, dass einige Wildbienen in abgestorbenen Pflanzenstängeln überwintern? Seien Sie also nicht verwundert, wenn der Bienengarten im Winter etwas wild aussieht.“ Cziborra weiß, dass nicht alle seiner Kollegen so engagiert sind wie er: „Man muss einfach Lust dazu haben, und vielen Gärtnern ist dieses Thema ein echtes Anliegen.“
Auch die Aussaat von Saatgutmischungen unter anderem mit Buchweizen, Borretsch, Sonnenblume, Kornblume, Margerite, Wiesen-Salbei und Steinklee ist möglich. „Der Pflegeaufwand ist nicht gering – der Boden der Bienengärten muss statt mit der Hacke per Hand bearbeitet werden, um nicht die Ausgänge der Wildbienen zu zerstören“, sagt Uwe Stapelmann, Geschäftsführer der Treuhandstelle Niedersachsen/Sachsen-Anhalt. Er betont: „Bei den Bienengärten handelt es sich nicht um eine Grabbepflanzung. Beschwerden hat es bis heute keine gegeben.“ Joachim Göres
www.bienengartenpate.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen