piwik no script img

Hasan und Hans beim EinbürgerungstestDer Deutschmacher

Kollege Hasan geht heute in die Behörde, um seinen deutschen Pass klar zu machen. Kollege Hans, der Deutsche, ist mitgekommen. Es war keine gute Idee.

Mitsingen oder andächtig schweigen? Das ist hier die Frage Foto: Federico Gambarini/dpa

M ein lieber Kumpel Hans, der beste Staplerfahrer von Halle 4, muss heute zur Ausländerbehörde. Nein, nein, man hat ihm nicht die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, weil er durch seine vielen türkischen Kollegen mittlerweile zu einem Halbtürken mutiert ist. Hans fährt nur mit Hasan zu der Behörde, damit der endlich seinen Einbürgerungstest macht.

„Ich fahre mit einem Kanacken dahin und komme dann mit einem Deutschen zurück. Ich bin ein Deutschmacher“, ruft Hans mit stolz geschwellter Brust.

„Aber nur weil ich ein Chamäleon bin. Als Türke gehe ich hin und als Kartoffel komme ich zurück“, grinst Hasan schelmisch.

Wir, die türkischen Mitarbeiter, verabschieden ihn vom Parkplatz mit der türkischen Nationalhymne, später werden ihn die deutschen Kollegen mit der deutschen Nationalhymne gebührend empfangen.

„Ich weiß nicht, ob ich alle Strophen der deutschen Hymne sofort mitsingen kann. Ich glaube, ich werde es wie Mesut Özil damals machen. Werde bedächtig auf den Boden gucken und die Schnauze halten“, meint Hasan beim Abschied.

Das war nicht gut! Das war gar nicht gut! Sofort entsteht in Halle 4 eine hitzige Debatte darüber, ob die türkischen Nationalspieler die deutsche Nationalhymne mitsingen oder lieber vornehm schweigen sollen. Nach elendlangen Diskussionen habe ich eine brillante Idee, wie der Bundestrainer dieses leidige Thema ein für alle Mal beenden kann: „Hansi Flick sollte die türkischen Nationalspieler erst fünf Minuten nach Spielbeginn aufs Feld schicken.“

Später werden ihn die deutschen Kollegen mit der deutschen Nationalhymne gebührend empfangen

„Wie soll das denn gehen, wo doch mehr als die Hälfte der Nationalmannschaft aus Migrantenkindern besteht?“, wird mein Superidee sofort abgeschmettert.

In dem Moment kommen auch schon unsere beiden deutschen Kollegen, ich meine, Hans und Hasan wieder zurück. Sofort stimmt die gesamte Halle 4 aus vollem Hals die deutsche Nationalhymne an: „Einigkeit und Recht und Freiheit …“

„Hört auf, Jungs, hört bloß auf damit“, brüllt Hans total sauer.

„Was ist denn los? Hat Hasan, dieser Versager, es doch nicht gepackt?“, fragen wir enttäuscht.

„Alle Ausländer haben es geschafft“, stammelt Hans verzweifelt.

„Wo ist dann das Problem?“, frage ich verwirrt.

„Aber ich hab’s nicht geschafft! Ich bin kläglich durchgefallen“, jammert Hans mit hochrotem Kopf.

„Was soll das denn heißen; du bist kläglich durchgefallen?“, fragt die ganze Halle 4 im Chor, wie aus einem Mund.

„Damit Hasan den Lappen auch ganz sicher bekommt, habe ich bei der Behörde ein wenig rumgetrickst und saß an seiner Stelle in der Prüfung. Hätte ich das bloß nicht gemacht!“

„Hans, das macht doch nichts, Kollege. Jetzt weiß ich ja, wie kinderleicht diese Fragen sind. Beim nächsten Mal habe ich den Pass ganz sicher in der Tasche“, tröstet ihn Hasan.

„Hans, du musst jetzt sofort untertauchen“, lache ich mich schief. „Sonst wirst du mit Sicherheit abgeschoben!“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen