Selenski verspricht Ukrainern den Sieg

Ausgangssperre in Odessa zur Abwehr prorussischer Demonstrationen

VonBernhard Clasen

Der ukrainische Präsident Woloimir Selenski hat am Montag in Kiew an den 77. Jahrestag des Sieges der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg erinnert und zugleich einen Sieg der Ukraine im Krieg gegen Russland prophezeit. „Unser Feind träumte davon, dass wir darauf verzichten, den 9. Mai und den Sieg über den Nationalsozialismus zu feiern“, sagte Selenski in einer Videobotschaft. Die Regierung in Kiew lasse es aber nicht zu, dass der Sieg von jemandem vereinnahmt werde.

So wie damals die Rote Armee die Ukraine von den Nazis befreite, würden auch die heutigen Besatzer vertrieben werden, sagte Selenski. „Am Tag des Sieges über den Nationalsozialismus kämpfen wir für einen neuen Sieg“, unterstrich er. Die Regierung in Moskau werde genauso enden wie das Hitler-Regime, das vom Kreml kopiert werde. „Und schon bald werden wir in der Ukraine zwei „Tage des Sieges“ haben“, führte er aus.

In Kiew legten den ganzen Tag über zahlreiche Be­woh­ne­r:in­nen vor dem ewigen Feuer am Obelisken Blumen für die Opfer des Zweiten Weltkrieges ab. Bürgermeister Vitali Klitschko betonte, dass dies trotz des unter Kriegsrecht gültigen Demonstrationsverbotes erlaubt sei.

Militärisch blieb es am Montag in der Ukraine vergleichsweise ruhig. Nachdem am Sonntag 170 Zivilisten aus dem Werk Asowstal in Mariupol evakuiert wurden, nahmen die russischen Angriffe auf das von ukrainischem Militär kontrollierte Werk wieder zu. Gegenüber der BBC berichtet der stellvertretende Kommandeur des rechtsradikalen Asow-Bataillons, Swjatoslaw Palamar, von katastrophalen Versorgungszuständen in dem von russischen Truppen umzingelten Werk Asowstal. Essen gäbe es maximal ein Mal pro Tag. Er fordert einen sofortigen Waffenstillstand zur Bergung der Leichen und Evakuierung der Verletzten.

EU-Ratspräsident Charles Michel musste sich während eines Besuchs in der ukrainischen Hafenstadt Odessa vor Raketenangriffen in Sicherheit bringen müssen. Michel habe am Montag ein Gespräch mit Regierungschef Denys Schmyhal abgebrochen, „um Schutz zu suchen, als erneut Raketen in der Region Odessa einschlugen“, sagte ein EU-Vertreter.

In Odessa und Saporischschja verhängten die ukrainischen Behörden eine ganztägige Ausgangssperre. In Odessa hatten sich in den letzten Jahren immer am 9. Mai Veteranen und russlandfreundliche Demonstranten am Denkmal des Unbekannten Matrosen eingefunden. Viele von ihnen trugen dabei das in der Ukrai­ne verbotene Georgsbändchen und Porträts von Gefallenen, beides Symbole der Erinnerungskultur in Putins Russland.

Ganz anders war die Lage in den von Russland besetzten Gebieten. In den Städten Energodar, Melitopol und Cherson wurde mit russischer Symbolik, dem Georgsbändchen und Porträts des „unsterblichen Regiments“ demonstriert. Im russisch besetzten Mariupol führte Denis Puschilin, Chef der „Volksrepublik“ Donezk, einen Marsch an, der ein 300 Meter langes St.-Georgs-Band mit sich führte.