Klage gegen Polizeigewalt

Ein Antifa-Bündnis klagt gegen einen wohl rechtswidrigen Polizeieinsatz. Mittendrin: Tom Schreiber (SPD)

Von Gareth Joswig

Ein eskalierter Einsatz bei einer Antifa-Demo im Juni 2021 hat ein Nachspiel für die Polizei Berlin. Betroffene von aus ihrer Sicht überzogener Polizeigewalt haben am Mittwoch Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Mit der Feststellungsklage will der Versammlungsleiter die Rechtswidrigkeit des Einsatzes feststellen lassen.

Die Kundgebung in Berlin-Biesdorf veranstaltete das Bündnis „Kein Raum der AfD“ als Gegendemo zum dortigen Parteitag der extrem rechten AfD. Es sollen rund 30 bis 50 Personen vor Ort gewesen sein, eine eher übersichtliche Lage im eingegitterten Demo-Areal. Dennoch habe die Polizei nach einer Beleidigung mehrfach in Gruppenstärke die friedliche Versammlung gestürmt, Unbeteiligte angegriffen und Festgenommene misshandelt, die anschließend im Krankenhaus hätten versorgt werden müssen, wie es vom Bündnis heißt. Die Versammlung sei danach vom Anmelder abgebrochen worden.

Besonders bemerkenswert: Der SPD-Abgeordnete und Sicherheitspolitiker Tom Schreiber begleitete nicht nur den Polizeieinsatz, sondern war auch gewissermaßen Auslöser. Der wegen seiner Haltung zur teilbesetzten Rigaer Straße 94 in der linken Szene eher unbeliebte Sicherheitspolitiker hospitierte an diesem Tag bei der 11. Einsatzhundertschaft. Während der Demo kam es Beteiligten zufolge zu Beleidigungen gegen Schreiber. Überliefert ist „Tom du Lauch“. Schreiber schrieb in seinem Blog demgegenüber auch von „lautstarken, persönlichen“ und „nicht zitierfähigen“ Beleidigungen, die er auf Nachfrage der Polizei zur Anzeige gebracht hätte.

Was folgte, beschreibt ein Teilnehmer so: „Wir saßen friedlich auf der Kundgebung, als auf einmal mehrere Gruppen Po­li­zis­t*in­nen auf uns zugerannt kamen. Ohne Kommentar stießen sie uns um und schleiften Menschen brutal mit. Eine Person verlor unter den Schlägen der Polizei das Bewusstsein.“ Tatsächlich ging die Polizei nicht gerade deeskalativ vor: Das belegen der taz vorliegende Videos, auf denen Unbeteiligte grundlos geschubst, zu Boden gebracht, festgenommen und geschlagen werden. Eine Frau schlägt beim Hinfallen mit dem Kopf auf der Straße auf, eine andere wird im Würgegriff barfuß über den Asphalt geschleift.

Eingereicht haben die Klage die Rechts­an­wäl­t*in­nen Anna Gilsbach und Peer Stolle. Die Polizei hätte Identitätsfeststellungen auch beim Verlassen der Kundgebung durchführen können, schließlich sei das Versammlungsgelände abgesperrt und Zugänge von der Polizei kontrolliert gewesen, sagen beide. „Für die Feststellung der Identität hätte es ausgereicht, sich den Personalausweis zeigen zu lassen“, so Stolle. Der Fall zeige, dass die Versprechungen aus dem neuen Versammlungsgesetz nicht eingelöst würden. Gilsbach sagte: „Wir werten den Polizeieinsatz in seiner Gesamtheit als rechtswidrigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit.“ Die Polizei und Schreiber antworteten bislang nicht auf taz-Anfrage.