Happy End im Schlosspark

Die Bronzeskulptur „Ruhende Frau“ von Fritz Huf kehrt in den Park von Schloss Hohenschönhausen zurück. Ihre bewegte Geschichte zeugt von erzwungenem Verkauf in der NS-Zeit

Provisorisch aufgebockt, aber anmutig: die „Ruhende Frau“ von Fritz Huf Foto: Stefanie Loos

Von Ronald Berg

Die Dame wiegt 178 Kilo und wird im nächsten Jahr 100 Jahre alt. Trotzdem ist die Skulptur von Fritz Huf – zumindest äußerlich – immer noch gut erhalten. In den Jahren von 1951 bis 1990 diente sie am Schloss Schönhausen erst dem DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck zur Ablenkung von seinen Dienstpflichten, danach durften sich, von der Öffentlichkeit hinter Mauern abgeschottet, diverse Staatsgäste an der anmutigen Frauengestalt erfreuen. Nun kehrt die Dame nach drei Jahrzehnten Abwesenheit nach Niederschönhausen zurück.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es handelt sich um die Bronzeplastik „Ruhende Frau“ des Schweizers Fritz Huf (1888–1970). Der heute kaum noch bekannte Künstler schuf hier eine nahezu lebensgroße, sich räkelnde Nackte in leicht idealisierten Körperformen, deren Kopf die Züge seiner Ehefrau wiedergibt.

Am letzten Dienstag wurde das Kunstwerk offiziell der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) übergeben. Die „Frau“ kam im Lieferwagen zu ihrem ehemaligen Aufenthaltsort aus DDR-Zeiten zurück. Sie wurde von Pressevertretern vor dem Schloss ausgiebig fotografiert, soll aber zunächst nicht aufgestellt, sondern erst noch einmal restauriert werden. Ihre innere Eisenkonstruktion ist korrodiert. Ansonsten ist die Plastik ziemlich gut erhalten – obwohl sie eine bewegte Geschichte hat, von der vieles bis vor Kurzem unbekannt war und manches immer noch im Dunkeln liegt.

Denn Hufs Plastik ist NS-Raubgut. Der ursprüngliche Besitzer war Hufs Schwager, der jüdische Bankier Hans Fürstenberg. Der Kopf ist also dessen Schwester Natascha nachempfunden. Hans Fürstenberg war Bankier in zweiter Generation bei der Berliner Handelsgesellschaft und hatte Hufs Plastik im Garten seiner Villa an der heutigen Köbisstraße aufgestellt. Um der Verfolgung durch die Nationalsozialisten aufgrund seines jüdischen Hintergrunds zu entgehen, floh Fürstenberg 1936 nach Frankreich und lebte mit seiner Frau Eugénie auf Schloss Beaumesnil in der Normandie. 1938 musste er seine Berliner Villa ans Deutsche Reich verkaufen – vermutlich samt der Plastik von Huf. Genaueres über das Schicksal der „Ruhenden Frau“ in den Jahren von 1932 bis 1948 konnten auch die Provenienzforscher am Zentralarchiv der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nicht herausbekommen. Fürstenbergs Villa wurde im Krieg zerstört.

Da sie lang zum Bestand der Nationalgalerie zählte, hatte sich die Preußenstiftung ab 2018 mit der Provenienz der Huf-Plastik befasst. 1948 wurde die damals unbekannte Figur zunächst in einem Schrottlager der tschechoslowakischen Militärmission im Berliner Osthafen gefunden und der Obhut der Nationalgalerie (Ost) übergeben. Als Leihgabe fand sie dann 1951 für den Amtssitz des einzigen DDR-Präsidenten im Garten von Schloss Schönhausen Verwendung. Dort verblieb sie bis zur Auflösung der DDR. Danach wanderte sie ins Depot der wiedervereinigten Staatlichen Museen.

Erst die vor wenigen Jahren Schwung aufnehmende Provenienzforschung auch bei den Staatlichen Museen in Berlin führte zu einem erneuten Interesse an der gediegenen, aber kunsthistorisch wenig bedeutsamen Figur, die nie eine breite Öffentlichkeit zu Gesicht bekam. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hatte im Rahmen der Erarbeitung eines Bestandskatalogs der Nationalgalerie begonnen, sämtliche aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 erworbenen Werke auf etwaiges NS-Raubgut zu untersuchen. Die Ergebnisse führten im Falle der „Ruhenden Frau“ 2021 zur Restitution an die Erben des 1982 kinderlos gestorbenen Ehepaars Fürstenberg. Als Erbin trat die Fondation Fürstenberg Beaumesnil auf den Plan, die in ihren barocken Schlossanlagen für Hufs Figur allerdings keine Verwendung hatte.

Dank der Unterstützung des Fördervereins des Schlosses Schönhausen konnte Hufs Plastik für eine vergleichsweise kleine fünfstellige Summe zugunsten der SPSG erworben werden, die hier seit 2005 Schlossherrin ist. Das Konzept der Stiftung für die Außenanlagen von Schloss Schönhausen sieht die denkmalgerechte (Wieder‑)Herstellung der Planungen von Gartenarchitekt Reinhold Lingner aus den 50er Jahren vor. Hufs „Ruhende Frau“, obwohl aus den 20er Jahren, passte schon damals sehr gut in Lingners Gestaltung, das eine moderate Moderne mit traditionellen Anklängen vorsah.

Hufs Figur – dann frisch restauriert, gewachst und diebstahlgesichert – wird wohl frühestens im nächsten Jahr wieder auf ihrem derzeit noch verwaisten Sockel neben dem Schloss zurückkehren. Wer kurzfristig einen Blick auf die „Ruhende Frau“ erhaschen will, hat dazu am Tag der Provenienzforschung am 13. April noch einmal Gelegenheit. Um 17 Uhr findet ein Vortrag zu Hufs Plastik und ihrer Geschichte statt, die in all ihren Verzweigungen Stoff für einen Krimi abgeben könnte. Derzeit scheint es dabei auf ein spätes Happy End in idyllischer Umgebung an den Ufern der Panke hinauszulaufen.

Am 13.4. um 17 Uhr Vortrag „Zurück in Schloss Schönhausen: Die ‚Ruhende Frau’ von Fritz Huf“ zum Tag der Provenienzforschung. Treffpunkt: Eingang Schlossgarten, Tschaikowskistraße, 13156 Berlin