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wortwechselMilitär, Energie und kulturelle Aneignung

Behindert der Vorwurf „kulturelle Aneignung“ gesunden Austausch zwischen Ethnien? Die Energieverschwendung muss aufhören. Leser vermissen friedensfördernde Artikel in taz

Rastafari? Foto: Gerhard Westrich/laif

Kulturell übergriffig

„Dreads auf dem falschen Kopf“,

taz vom 25. 3. 22

Als ich bei einem der ersten Besuche in Südafrika meine Freundin, die dort wohnt, fragte, wie und womit (viele) afrikanische Frauen ihre Haare glätten, antwortete sie: „Die Frauen tragen alle Perücken.“ Ist das kulturelle Aneignung – andersrum? Waren wir kulturell übergriffig, als wir in den 1970er Jahren unsere Klamotten gebatikt haben? Fragt sich mit freundlichen Grüßen

Ute Mies, Köln

Authentisch einheimisch

„Verkürzt und verspottet“,

taz vom 24. 3. 22

Ich finde diese Diskussion über das, was jemand tragen darf, etwas verfranst. Sollen jetzt alle in „ihrer „Ethno-Ecke“ hocken müssen? Was nimmt jemand jemand anderem weg, wenn sie/er eine Frisur trägt, die ursprünglich „von woanders“ herkommt? Ist es nicht auch ein gutes Zeichen, dass Menschen Frisuren und Kleidung gefallen, die von woanders kommen? Muss ich jetzt Dirndl tragen und Zöpfe, oder besser erst mal recherchieren, ob die wirklich einheimisch sind? Sollen Deutsche nur Kartoffeln essen dürfen, weil Spaghetti eine Aneignung italienischer Esskultur ist? Allerdings sind Kartoffeln auch nicht wirklich einheimisch, davor waren Pastinaken die Hauptnahrung, Kartoffeln sind ursprünglich aus den Anden und kamen erst so Mitte des 16. Jahrhundert nach Europa. Wie weit muss man zurückgehen, um authentisch einheimisch sein zu können?

Manuela Kunkel, Stuttgart

Rastafari

„Dreads auf dem falschen Kopf“,

taz vom 25. 3. 22

Weiße Dreadlocks und Herrschaftspolitik haben ungefähr genauso viel miteinander zu tun wie Vegetarismus mit Fleischkonsum. Manchmal fragt man sich, ob die Beteiligten überhaupt noch wissen, über was sie reden oder nur noch in populistischer Art und Weise mit kulturwissenschaftlichen Fachbegriffen um sich werfen, von denen sie selbst keine Ahnung mehr haben. Wenn wir über Kolonialismus und Herrschaftspolitik sprechen, dann sprechen wir über Versklavung, Ausbeutung und Unterdrückung einer Kultur, bei der Schwarze ihre Haare und Stile seit jeher nur unter sich tragen konnten, damit kommunizieren konnten und sich vor einer Kultur, die sie dazu zwang, zu verstecken. Das Ganze, um sich einer weißen, europäischen Kultur anzupassen, weil die schwarze Kultur als so minderwertig galt, dass sie niemand hätte je annehmen wollen. Heute „weiße“ Dreadlocks zu tragen, hat nichts damit zu tun, es cool zu finden, sondern weil es Bob Marley gab. Dieser hat mit seinem Haarstil und der damit verbundenen Religion seine innere Überzeugung in die Welt hinaus gebracht: eine Botschaft des Antirassismus, des Friedens und des weißen und schwarzen (welcher Ethnie oder welchem Geschlecht man auch immer angehören möchte) Miteinanders. Marlene Weck, Berlin

Klare Kante?

„Putins Feind ist die Nato“,

taz vom 25. 3. 22

Im Artikel werden zwar viele Ursachen des Ukraine-Kriegs treffend genannt, für mich überraschend kommt der Autor zu dem Schluss: Hätte der Westen beziehungsweise die Nato klare Kante gezeigt, wäre die Welt heute eine friedlichere. Aus meiner Sicht sind Verhandlungen und wirtschaftliche Verflechtungen immer wichtig, auch mal ein Vertrauensvorschuss. Selbst wenn dies offensichtlich nicht immer zum Ziel führt. Militärische Stärke (über eine wehrhafte Verteidigung hinaus) mag für die eine Seite beruhigend wirken, die Gegenseite wird dies aber komplett anders empfinden.

Wichtig und richtig ist es, dass die Ukrainer bei der Verteidigung ihres Landes mit Material unterstützt werden. Im Vorwärtsgang mit Nato-Truppen einen Atomkrieg riskieren, das erscheint mir keine gute Taktik. Wie gut dass es auch die „argumente“ in derselben taz-Ausgabe gibt, hier wird wesentlich differenzierter argumentiert. Volker Zeisberger, Wiesbaden

Militarismus

„Putins Feind ist die Nato“,

taz vom 25. 3. 22

Ich lese zwar nicht jeden Artikel in der taz aber in der letzten Zeit muss ich leider feststellen, dass deren Inhalt nicht mehr mit dem übereinstimmt, was ich mir unter friedensfördernder Politik und friedlicher Koexistenz vorstelle.

Sicherlich, Putin und seine Politik ist Kriegsursache Nummer eins, aber so zu tun, als müsse die Nato nur mit mehr Waffen, Gewalt und der Einrichtung eines Flugverbots dagegenhalten, dann wäre alles gut, der irrt und treibt die kriegerische Auseinandersetzung und das Leid für die ukrainische Bevölkerung weiter an.

Wolfgang Kissenbeck, Köln

Gas sparen

„Ich bin nicht der Minister für die ­Grünen“, taz vom 26. 3. 22

Das Interview brachte interessante Aspekte zutage. Zunächst: Wenn jemand gut ist, ist das Parteibuch mehr als unwichtig. Und: Bevor man etwas entscheidet, muss man rechnen und die Rechtssicherheit klären. Vom Bundeskanzler hätte ich mir am ersten Tag des Überfalls auf die Ukraine eine Ansprache etwa so gewünscht: „Liebe Landsleute, Russland hat heute die Ukraine kriegerisch überfallen. Wir finanzieren diesen Krieg durch unsere Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen indirekt mit. Jeder kann einen kleinen Beitrag leisten, indem er seine Gasheizung ausstellt und gegebenenfalls einen Pullover anzieht. Ich habe das bereits getan.“ Hätte man wohl nicht auf Rechtssicherheit prüfen müssen, oder? Ich habe das sofort getan. Und sich mit kaltem Wasser zu waschen, kann man auch einüben. Jörg Hausmann, Köln

Energieverbrauch

„Zurück ins Jahr 2020“, taz vom 31. 3. 22

Es ist schmerzhaft! Aber wir können nicht so weitermachen wie bisher. Vor dem Hintergrund, dass unser CO2-Verbrauch 2021 sogar gestiegen ist, müssen wir wegen der daraus resultierenden Probleme besser heute als morgen eine Kehrtwende schaffen! Putins schlimme Aggression hat diesen Vorgang nur vorgezogen. Und mal ehrlich, die von WissenschaftlerInnen schon seit Langem geforderte Reduktion des Energieverbrauchs geht nur über den Preis. Billiges Gas oder billiger Sprit regen nicht zum Sparen an. Je länger wir warten, umso schwieriger und teurer wird es für uns, die selbst verursachte Misere in den Griff zu bekommen. Außerdem müssen wir langsam verinnerlichen, dass wir diese Welt nur von unseren Kindern geliehen haben und keinen Raubbau an ihr treiben dürfen!

Achim Bothmann, Hannover

Diplomatie

„Frieden versprechen und schießen“,

taz vom 30. 3. 22

Bei dem derzeitigen Konflikt sind die entscheidenden Probleme klar erkennbar, werden jedoch kaum erwähnt, um etwa den Frieden wieder herzustellen. So müsste die Ukraine mit Russland mit Diplomatie über die östlichen Regionen (Luhansk und Donezk) verhandeln, um Übereinstimmung zu erzielen, mehr oder weniger Zugeständnisse sind da wohl nicht vermeidbar. Als nächstes Problem vermeidbar wäre eine eindeutige Ablehnung, Nato-Mitgliedsstaat zu werden. Ein weiteres vermeidbares Problem, das die Ukraine ohne nennenswerte Nachteile beseitigen könnte, wäre ihr Widerstand gegen weitere russische Gas-Pipelines. Die Ukraine könnte sich auch gegen jegliche Sanktionen gegenüber Russland stark machen, weil solche Maßnahmen noch nie irgendetwas Nützliches gebracht haben – außer Nachteile für alle, also auch für die EU-Staaten. Bei solchem diplomatischem Geschick wäre alles möglich.

Rolf Hiller, Deckenpfronn

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