Peter Grohmann : Auf dem Teppich
Überall verhungern Kinder, und dann so ein Theater wegen ei’m Niebel’schen Teppich! Wenn unsereins weiterhin immer an den Politikern rummäkelt, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die eines Tages sagen: Dann macht doch euren Dreck alleine – und zur Industrie abwandern.
Das machen die normalerweise nur, wenn sie sonst gar nichts mehr haben, also auf dem letzten Loch pfeifen. Da kann der Klaus Wowereit ein Lied von singen! Der ist doch nun wirklich ein so sympathischer Mensch, dass man ihm sogar den Sozialdemokraten verzeiht. Wir sollten Gott danken, dass es solche Leute gibt, Menschen, die sich aufopfern für Volk und Vaterland, für ihre Mitmenschen, obwohl sie es viel besser haben könnten. Und, fragen Sie jetzt, was hat der Wowereit nun wieder verbrochen, dass er hier, ausgerechnet an dieser Stelle, vorgeführt wird?
Eben, nix, sag ich doch, außer halt der Sache mit dem Patzelt sei’m Flughafen. Aber ein Großprojekt! Und bei denen, das weiß selbst der Steuerzahler, steckt der Teufel im Detail. Weil der sonst nichts findet, der Steuerzahler, mäkelt er am Wowereit’schen Hoffest im Roten Rathaus rum! Mehr als zweitausend Gäste feierten, beste Laune, sogar gute Stimmung, denn die Sponsoren kippten den Sekt eimerweise über die Hautevolee und gaben noch eine Rote mit Senf dazu. Alles für umme!
Unglücklicherweise hatten sich aber zwei Hartz-IV-Empfänger aus Niederschönhausen reingeschlichen und mitgesoffen. Das fiel nur auf, weil die nichts vertragen und wie die Reiher … naja, Sie kenn’n das ja. Der Hauptsponsor war wiederum der Steuerzahler, dem bekanntlich die Verkehrsbetriebe BVG genauso gehören wie die Müllabfuhr. Das ist doch nichts weiter als Kasino-Sozialismus, sage ich mir, und da ist mir mein Ackermann aber ein anderes Kaliber.
30 lächerliche Gäste hatte ihm die Angela Merkel zugebilligt, tausendneunhundertsiebzig weniger, als beim Wowereit feierten, als der Bankchef im Kanzleramt die Lichte über der Torte auspusten durfte, die ihm die Kanzlerin gebacken hatte. Frau Merkel hat natürlich vergessen, wer alles da war. Ackermann natürlich – es war ja sein Geburtstag! Ackermann ist nie verlegen, und für ein offenes Wort lässt er, ganz Prolli, auch mal fünf gerade sein. Den Lebensstil von Oskar Lafontaine, meinte er neulich augenzwinkernd, könne er sich natürlich nicht leisten.
Gut, das war gestern. Heute ist alles unterm Teppich. Wir ham’s ja, hätte meine Oma Glimbzsch aus Zittau gesagt, wenn sie’s noch erlebt hätte. Ich feiere übrigens in diesem Jahr am 27. Oktober meinen 75. Wenn Sie's bitte schon mal notieren? Danke.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Gründer des Bürgerprojekts Die AnStifter
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