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Wenn die Revolution beim Friseur anfängt

Berlin-­Neukölln

328.600 Einwohner.

Wer in Neukölln wohnt, kennt sich mit inner­städtischen Mietproblemen aus. Hier stimmten – weit über dem Berliner Schnitt – stolze 62,4 Prozent bei der Enteignungsfrage für Ja.

Im Friseursalon nahe dem Hermannplatz lassen sich ältere und jüngere Frauen die grauen Ansätze wegfärben, die Strähnchen oder die Dauerwelle auffrischen. Kun­d*in­nen aus dem neu zugezogenen Hipstermilieu sieht man nicht. Auch die Friseurinnen sind alteingesessene Berlinerinnen, sie kommen aus dem tiefen Osten oder Westen der Stadt. Hier in der Gegend könne sie sich die Mieten schon lange nicht mehr leisten, erzählt eine – das Gespräch dreht sich um Gentrifizierung, auch wenn das Wort hier niemand benutzt.

Um bis zu 90 Prozent haben sich die Mieten im Neuköllner Norden seit 2009 bei Neuvermietungen erhöht. Fast alle im Salon haben Angst um ihre Wohnung. „Dabei haben wir doch alle dieses Volksbegehren unterschrieben!“, sagt eine der Kundinnen. 56,4 Prozent der Ber­li­ne­r*in­nen hatten bei der letzten Wahl im September für die Enteignung großer Immobilienunternehmen gestimmt. Offenbar auch die Frauen hier, denn alle nicken, auch die Friseurinnen.

„Aber das kümmert die Politiker ja nicht“, sagt eine: „Was denken die, wo wir wohnen sollen, wenn das so weitergeht?“ „Komisch, dass die Vermieter das dürfen. Und dass wir uns alles gefallen lassen“, ergänzt eine frisch Blondierte. Die Revolution beginnt beim Friseur in Neukölln. Alke Wierth

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