berliner szenen: Dann ist es trotzdem schön
Zu Weihnachten gab es neue Schlittschuhe, und wir radeln die Herrmannstraße hoch zur Eisbahn Neukölln. Doch mit einem Mal geht alles schief. Ich brülle den Einlassfuzzi zusammen und stehe am Ende ohne Kind auf dem Eis, denn das hat jede Lust verloren.
Man fährt hier immer links im Kreis, nie wird die Richtung gewechselt. Dabei habe ich mal in einem Mondbuch gelesen, dass man sich freitagabends die Fußnägel schneiden und, wenn‘s geht, nur im Uhrzeigersinn drehen soll. Es ist aber trotzdem schön, so dahinzugleiten und sich ein bisschen schwerelos zu fühlen. Mit jeder Runde verfärbt sich der psychedelische Himmel mehr ins Dunkelrotviolette, bis er schließlich auberginenschwarz ist.
Ein Schlager mit dem sperrigen Refrain: „Wann seh‘ ich dich endlich wieder? Ich will zu dir zurück!“ hört gar nicht mehr auf. Etliche Eisläufer:innen halten ein Smartphone und filmen sich beim Fahren. Von schräg hinten in die Hacken rauschen wäre nicht übel. Manche Pärchen lassen sich auch mitten im Weg in inniger Umarmung fotografieren. Eine ganz liebe Mutti stülpt ihrem kleinen Mädchen noch einen Helm über, bevor sie aufs Eis darf: „Das hilft, wenn du auf den Kopf fällst.“ Soll sie?
Die Wut ist Erschöpfung gewichen und die Zeit allmählich um. Doch dann kommt ein Lied von Falco, so lange kurve ich weiter und träume vom schnellen Rock-‘n‘-Roll-Leben. Nun aber husch heim und an den Herd.
Nein, es gibt noch etwas, das wichtiger ist. Hoffentlich ist er noch da, die Happy Hour ist ja schon fast vorbei. „Entschuldigung, bitte!“ – „Alles gut.
Meinen Sie, es macht mir Spaß, weinende Kinder nach Hause zu schicken, weil sie kein Zeitfenster gebucht haben? Ich muss aber die Regeln befolgen, sonst bin ich meinen Job los.“ Und dann fragt er noch: „War‘s schön?“ – „Ja.“ Katrin Schings
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