unterm strich:
Hans Neuenfels ist gestorben
Hans Neuenfels war immer für eine Überraschung gut. Der Theater- und Opernregisseur, der mit 80 Jahren am Sonntagabend in Berlin gestorben ist, war mit Verdi- und Mozart-Opern in Frankfurt, Berlin und Wien bekannt geworden, er inszenierte in Bayreuth und bei den Salzburger Festspielen. Erwartbares zu unterlaufen und mit Bildern in jeden theaterhistorischen Stoff kluge Kommentare zur Gegenwart einzuweben war ihm eine große Lust. Groß geworden in der Nachkriegszeit, stand er für eine Generation des Aufbruchs, die Tradiertes immer kritisch befragen wollte. In Trier erhielt der gerade mal 25-jährige Regisseur 1966 nach vier Inszenierungen und einer obskuren Manifestaktion Hausverbot am Theater; aber das Publikum stand für ihn ein. Bald erwartete man von ihm Skandale – und von Unruhe und Zweifeln war er getrieben, wie man in seiner vor elf Jahren erschienen Autobiografie „Bastardbuch“ lesen konnte. Aber der Kunstgenuss kam dabei ebenso wenig zu kurz wie eine weite Öffnung des Deutungsraums. Neuenfels wurde mehrfach als Opernregisseur des Jahres ausgezeichnet. Kultstatus erreichte seine „Lohengrin“-Inszenierung bei den Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth 2010, für die er den Chor in rattenähnliche Kostüme gesteckt hatte, während die Bühne wie ein Labor wirkte.
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