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Olympischer Big-Air-WettbewerbNosegrab am Kicker

Fun, Fun und nochmals Fun: Wenn die Snowboarder einen auf „Big Air“ machen, dann geht's angeblich nicht um den Sieg. Echt?

Spektakel vorm Kühlturm: Der Chinese Su Yiming gewinnt den Big-Air-Wettbewerb bei den Männern Foto: Xinhua/dpa

Es ist Gaudi angesagt am Stahlwerk. Nachdem sich dann doch herausgestellt hatte, dass die Big-Air-Schanze nicht auf dem verkommenen Gelände eines Atomkraftwerks, sondern neben den Kühltürmen eines stillgelegten Stahlwerks in Peking gebaut worden ist, waren nach den Skifahrern die Snowboarderinnen dran mit dem Hüpfen über die schicke Anlage. Man wollte halt irgendwas Spaßiges in die Industrielandschaft pflanzen, so wie man es auch im dem Ruhrgebiet macht, wo man des Sommers in der Kokerei der stillgelegten Zeche Zollverein in Essen rumschwimmen kann. Und darum soll es ja gehen: um Fun. Nur darauf kommt es an, findet auch Anna Gasser.

Die Österreicherin hat nun schon zum zweiten Mal olympisches Gold im Big Air gewonnen. Wie sie das denn geschafft hat? Mit Fun natürlich. Big Air ist die größte Zirkusveranstaltung, die Olympia zu bieten hat. Abfahrt über eine lange Schanze. In die Knie gehen vor dem Kicker, der Rampe, die die Athletinnen in die Lüfte katapultiert. Dann die Drehungen, vorwärts, rückwärts seitwärts. Und die Landung auf einem steilen Hang, etwa 50 Meter unter den höchsten Punkt der Anlage. Hände hoch. Jubeln. Irgendeine nette Geste für die Kameras. Spaß eben.

Begleitet wird das von flotten Rhythmen. Hiphop mit Schnee. Da sollen auch die Fans in der Arena zum Sound des Spaßsports ihre Hüften schwingen. Nun, für Spaß sind die paar Leute, die das Organisationskomitee für dieses Event am frühen Pekinger Morgen mit Tickets versorgt hat, nicht unbedingt zu haben. Immerhin schwenken sie brav kleine Fähnchen, wenn auf der Anzeigetafel „Make Some Noise!“ zu lesen ist. Dann schauen sie wieder staunend nach oben zum Start, wo ganz klein die Boarderinnen zu sehen sind.

Die härtesten Menschen überhaupt

Alle können spüren, wie gefährlich das sein kann. Ein Aufschrei. Die Japanerin Miyabi Onitsuka kann ihren Trick nicht ganz zu Ende drehen und schlägt hart auf dem Hang auf. Macht nichts, meint der Sprecher. „Wir haben hier das unglaublichste medizinische Team.“ Und weil hier „die härtesten Menschen, die es auf diesem Planeten gibt“ am Start stehen, wundert er sich nicht, dass Onitsuka zum zweiten von drei Durchgängen wieder über die Rampe fährt. Verrückt das alles!?

Der Big-Air-Zirkus ist einfach und schnell zu erfassen. Es ist kein Hindernisparcours wie oben in den Bergen beim Slopestyle und keine Ansammlung von Tricks wie in der Halfpipe. Ein Sprung, eine Landung, eine Wertung. Fertig. Vielleicht ist Big Air deshalb so erfolgreich. Die Stahlgerüste, von denen die Sportlerinnen normalerweise abfahren, sind auch schon in Barcelona, San Francisco, São Paulo oder Istanbul aufgebaut worden.

Und selbst nach Mönchengladbach hat die Szene, die sich gern als crazy beschreibt, den Spaß schon zu exportieren versucht. Was das bei Olympia zu suchen hat? „Es ist die größte Bühne, die man bekommen kann“, sagt Anna Gasser, „die Legende“, wie sie der Ansager auf der Strecke nennt. „Das inspiriert vielleicht andere Mädchen, es uns nachzumachen.“ Warum sie sich inspirieren lassen sollten? Weil es Spaß macht, klar.

Gasser ist mit ihren 30 Jahren schon so etwas wie die große, alte Dame des Snowboardsports. Die zweitplatzierte Neuseeländerin Zoi Sadowski Synnott ist zehn Jahre jünger. Bronzemedaillengewinnerin Kokomo Murase gar erst 17. „Sie sind alle meine Inspiration. Sie regen mich dazu an, immer neue Tricks zu versuchen.“ Was das macht? Spaß natürlich. „Ich bin nicht gesprungen, um eine Medaille zu gewinnen, ich wollte Spaß haben.“ Ja, kann das wirklich wahr sein? Doch, doch.

„Ich liebe Snowboarden. Wie sich der Sport bei den Frauen entwickelt hat. Das ist einfach wahnsinnig.“ Und so geht es weiter. „All diese fantastischen Sportlerinnen, die ihre besten Trick zeigen wollen, pushen mich immer weiter.“ Das hat schon was, wie sie ihre Begeisterung über sich und ihren Sport auf Englisch mit einem österreichischen Akzent vorträgt, an dem man sich nicht satthören kann.

Und hat sie nicht recht? Als die Japanerin Reira Iwabuchi einen Trick gezeigt hat, den bislang nur Männer gewagt hatten, einen Frontside Triple Underflip Nosegrab für die, die es genau wissen wollen, da stürmten alle Finalistinnen zu ihr und herzten sie. Es war der größte Moment des Wettbewerbs. Dass sie nach der Landung gestürzt war? Egal. „Ich war nur stolz auf sie“, meinte Gasser. „Frauen sind hier, und Frauen sind hungrig.“ Es war ein Spaß. Wirklich.

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