: Tourismusturbo ausgebremst
Die griechische Reiseindustrie erlebt 2021 weiterhin ein pandemiebedingtes Auf und Ab
Aus Athen Ferry Batzoglou
Das Ziel schien erreichbar: 12 Milliarden Euro Direkterlöse sollte der Tourismus in Griechenland im laufenden Jahr erbringen. Das hätte für die hellenische Reisebranche immerhin zwei Drittel der Einnahmen aus dem letzten Vor-Corona-Jahr 2019 bedeutet. Damals gab es ein Allzeithoch von 18,2 Milliarden Euro – 31,348 Millionen ausländischen Urlaubern (ohne Kreuzfahrttouristen) sei Dank. Die Tourismusindustrie ist in dem krisengeschüttelten Land ein wesentlicher Stützfaktor: Sie trägt fast 20 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei.
Doch gerade veröffentlichten Angaben der Athener Notenbank (TTE) zufolge wird das 66-Prozent-Ziel nicht erreicht. Bis Ende Oktober reisten lediglich 13,763 Millionen Urlauber aus dem Ausland nach Griechenland. In den ersten zehn Monaten 2019 waren es da schon 29,726 Millionen gewesen.
Immerhin ließen die Reisenden offenbar mehr Geld da, denn die Einnahmen aus dem Tourismus in diesem Zeitraum betragen 10,195 Milliarden Euro. Im Schnitt gab der Griechenlandurlauber aus dem Ausland während seines Aufenthalts 732,40 Euro aus – 140,20 Euro mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum und sogar 157 Euro mehr als im Rekordjahr 2019.
Die Spendabilität der Einzelnen reicht jedoch gerade mal, um die Tourismuseinnahmen insgesamt bis Ende Oktober auf ein Niveau von 58 Prozent des gleichen Zeitraums 2019 zu bringen. Damals betrugen die Direkterlöse 17,569 Milliarden Euro.
Dabei hatte die griechische Tourismussaison in diesem Jahr offiziell bereits am 15. Mai begonnen, einen Monat früher als im ersten Coronajahr 2020. Doch es gab gleich einen Fehlstart: Es galt das 3G-Prinzip – geimpft, genesen, getestet. Als negativ getestet galt aber nur, wer einen teuren PCR-Test vorlegen konnte, der nicht älter als 72 Stunden war. Das hielt viele vom Reisen in das Land ab.
Ziemlich schnell zog die Regierung unter dem konservativen Premierminister Kyriakos Mitsotakis die Reißleine. Nach einem Ministerialbeschluss vom 17. Juni 2021 reichte plötzlich ein günstiger Schnelltest für die Einreise nach Griechenland. Der Tourismusturbo wurde gezündet. Hellas avancierte zu Europas Top-Urlaubsdestination. Im dritten Quartal dieses Jahres erreichten die hellenischen Tourismuseinnahmen wieder fast den Stand von 2019, in einigen umsatzstarken Top-Destinationen wie der Partyinsel Mykonos lagen sie sogar noch darüber. Doch das kam zu spät – und währte zu kurz. Denn der nächste Rückschlag kam mit dem Beschluss der deutschen Regierung, Griechenland ab dem 21. November als Hochrisikogebiet einzustufen und damit die Rückkehrregeln zu verschärfen.
Für die griechische Tourismusindustrie ist die Saison damit früher als erhofft gelaufen.
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