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SPRACHRÄUME

Humor und die Gräueltaten im Nationalsozialismus schließen sich auf den ersten Blick aus, dennoch gibt es diese Kombination, um einen eigenen Umgang zu finden. Ein Vertreter dieses Weges war George Tabori, dessen Stück „Mein Kampf“ von 1987 derzeit in der Regie von Torsten Fischer wieder auf die Bühne gebracht wird. Zeitlich setzt es 1907 in Wien ein und erzählt, wie Adolf Hitler zu seinem Buchtitel kam. Zusammen mit dem jüdischen Buchhändler Schlomo Herzl und dem jüdischen Koch Lobkovitz teilt Hitler sich ein Zimmer und verarbeitet die Absage von der Kunsthochschule. Um ihn aus seiner Selbstmordstimmung herauszuholen, wägen die beiden Zimmergenossen mögliche Perspektiven ab. Anstreicher oder Politiker? Letztlich unterrichtet ihn Herzl in politischer Demagogie und zum Dank klaut ihm Hitler den Buchtitel, den er gerade für seine Memoiren ersonnen hatte. Sa, 23. 6., 19.30 Uhr, So, 24. 6., 15 Uhr, Di, 26. 6., 19.30 Uhr, Ernst Deutsch Theater, Friedrich-Schütter-Platz 1

Einen Meilenstein der bürgerlichen Emanzipation im 18. Jahrhundert markiert das tragische Stück „Emilia Galotti“ von Gotthold Ephraim Lessing, in dem die willkürliche Herrschaft des Adels gegen das aufstrebende Ideal der romantischen Liebe des Bürgertums gestellt wird. Dieses seinerzeit politische Werk knöpft sich Torsten Diehl vor und verfrachtet die Geschichte in das heutige Zeitalter der Seifenopern und Popsternchen. Getragen von seiner Allmachtsfantasie lässt Prinz Hettore Gonzaga von Guastalla seine einseitig Auserwählte Emilia am Tage ihrer Hochzeit entführen. Intrigen, Machtkämpfe und Verwicklungen schließen sich an, in deren Folge Emilia im Original auf eigenem Wunsch von ihrem Vater erstochen wird, um ihren Ruf zu schützen. In der aktuellen Version spielt die Sorge um den Ruf nur eine scheinbare Rolle, vielmehr jagt ein Reiz den nächsten. Sa, 23. 6., 20 Uhr, Monsun Theater, Friedensallee 20

Für Roger-Corman-Filmfans mag es ein Frevel sein und Zugezogene dürften sich Untertitel wünschen: Das Stück „De lütte Horrorladen“ in der Inszenierung von Anatol Preissler wird in der hamburgischen Tiefebene angesiedelt und spielt wie der Filmklassiker „Little Shop of Horrors“ von 1960 im Blumenladen. Eine in Obhut genommene Pflanze lässt Widersacher verschwinden und gerät außer Kontrolle. Können Gesänge den Horrortrip beenden? Sa, 23. 6., 16.30/20 Uhr, So, 24. 6., 15.30/19 Uhr, Mo, 25. 6. bis Sa, 30. 6., jeweils 20 Uhr, Ohnsorg Theater, Heidi-Kabel-Platz 1 KENDRA ECKHORST

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