Andreas Speit
Der rechte Rand
: Warum die „Titanic“ wieder auftauchen konnte

Die Immobilienfirma ist froh, die Räume endlich wieder vermietet zu haben

Die „Titanic“ ist doch nicht untergegangen. In Neumünster tauchte die bekannte Szenekneipe des NPD-Stadtratsherrn Horst Micheel wieder auf, nachdem sie andere Räumlichkeiten in der Stadt hatte räumen müssen. Jetzt prangt der alte Name auf neuen Werbeträgen an der Fassade der ehemaligen „Siedlerklause“. Am vergangenen Freitag konnte die „Titanic“ in der Ehndorfer Straße 169 im Stadtteil Faldera den Betrieb wieder aufnehmen.

Protest begleitete die Eröffnung. In der schleswig-holsteinischen Stadt versammelten sich an die 40 De­mons­tran­t:in­nen der Kampagne „Titanic versenken“ nahe der Gaststätte, um auf die rechten Betreiber aufmerksam zu machen. Heinrich Walde von der Kampagne erklärte über ein Mikrofon, dass sie zum Schutz der Demokratie gegen die „Titanic“ auf die Straße gehen würden.

Im Vorfeld der Neueröffnung machte die Kampagne die Bauaufsicht der Stadt auf mögliche Mängel der Gaststätte, wie möglicherweise fehlende Toiletten, aufmerksam. In einem offenen Brief schrieb die Kampagne auch die Inhaber des Gebäudes der früheren „Siedlerklause“ an, denn es war schnell aufgefallen, dass, nachdem die „Titanic“ die Räumlichkeiten in der Wippendorfstraße räumen musste, Renovierungsarbeiten in der Ehndorfer Straße begonnen hatten.

Von dem offenen Brief möchte die Immobilienfirma aus Aukrug nichts mitbekommen haben, wie ein Vertreter der Firma der taz am Telefon sagt. Er sei weiter froh, die Immobilien endlich vermietet zu haben. Über zwei Jahre wären die Räume nicht vermietet gewesen. Ein Bekannter hätte ihm dann gesagt, er hätte für ihn einen Mieter. Wer das sei, habe er nicht gewusst, sagt der Mann. Es scheint ihn auch nicht so ganz zu interessieren. An eine Auflösung des Vertrags wegen des politischen Hintergrundes der Kneipenbetreiber werde nicht nachgedacht, sagt er.

Der Protest gegen die „Titanic“ wird nicht bloß auf die Straße getragen. Zur Neueröffnung ging auch eine Protestvideospiel, angelehnt an das Brettspiel „Die Siedler von Catan“, online. In dem Video „Der Untergang der Siedlerklause“ kämpfen die Spie­le­r:in­nen um die Vorherrschaft in Novum Monasterium. Der Ortsname verweist auf die Geschichte der Stadt. Der heutige Name Neumünster geht auf das vom Bischof von Oldenburg Vizelin (1090–1145) erbaute Kloster Novum Monasterium zurück, dessen Name 1136 urkundlich erwähnt wurde.

Im Video wird darauf hingewiesen, dass im Universum Catan eine neue Farbe ins Spiel kommt: braun. Die Nazis seien hart wie Kruppstahl, agierten als Wölfe im Schafspelz und verkauften in der Siedlerklause deutsches Weizenbier, heißt es aus dem Off. Mit Bildern und Musik unterlegt, wird bei dem Würfelspaß für die ganze Familien sogleich weiter erklärt: Wenn 161 gewürfelt wird, sorge die Kampagne „Titanic versenken“ für Probleme in den braunen Gefilden. Und optimistisch heißt es weiter aus dem Off, dass Neumünster dann wieder zu einer „roten Hochburg“ werde.