brief des tages:
Äthiopien am Abgrund
„Ab wann ist es Völkermord?“, taz 15. 11. 21
Dominic Johnson hat meine ausdrückliche Zustimmung, dass das Bezeichnen anderer Menschen als Ungeziefer oder Unkraut einer der letzten Schritte auf dem Weg zur unmittelbaren Gewalt ist. Dass diese Worte von Regierungsvertretern gebraucht werden, ist höchst besorgniserregend und stachelt den ethnischen Hass an. Ethnisch motivierte Gewalt findet nicht nur an Tigrayern statt, auch in anderen Regionen. Der äthiopische Teil meiner Familie war auch davon betroffen: Der Bauernhof wurde angezündet, ein Familienmitglied erschossen, die Familie floh in eine Kirche und bangte dort wochenlang um ihr Leben, weil an Straßensperren sogenannter informeller Milizen ethnisch selektiert wurde. Oromonationalisten (OLF), heute Partner der TPLF, steckten hinter dieser Gewalt. Die heute stattfindenden Gewalttaten kamen nicht über Nacht. Die regierende Partei der letzten dreißig Jahre war TPLF-dominiert. Das blutige Niederschlagen von Studentenprotesten und die Inhaftierung von Regierungskritikern waren Äthiopien nicht zuträglich. Die Gewalt von heute hat ihre Wurzeln auch in dieser Zeit. Ich bin in Trauer und tiefer Sorge um alle Menschen in Äthiopien. Ingo Mettler, Stuttgart
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