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Streitbare, marktliberale EU-Agrarkommissarin geht

POLITIK Mariann Fischer Boel – wegen der Milchkrise der Bauern in der Kritik – verlässt die EU-Kommission

BRÜSSEL taz | Einen Zauberstab hätte sie gern, verriet EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel vor kurzem, als es wieder einmal um die miserable Lage der Milchbauern in Europa ging – „den habe ich aber nicht“. Deshalb verlässt sich die stets robust auftretende Dänin mit dem schlohweißen Haar lieber auf Fakten. Sie erinnert daran, dass Brüssel die Branche seit 2003 mit fünf Milliarden Euro jährlich unterstützt. Nun kehrt Fischer Boel der Brüsseler Kommission den Rücken. Auf dem Agrarministertreffen in Schweden Anfang der Woche erklärte sie überraschend, sie stehe für eine weitere Amtszeit nicht zur Verfügung.

Fischer Boel kämpfte für die Liberalisierung der Agrarmärkte. Trotz Ärger mit CSU-Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner und deren französischem Kollegen Bruno Le Maire blieb sie auch in den letzten Wochen dabei, dass die Milchquoten gelockert und im Jahr 2015 ganz abgeschafft werden sollen.

Bauern glauben, dass die stufenweise erhöhten Liefermengen Grund sind für den ruinösen Preisverfall bei der Milch. Fischer Boel aber argumentiert, der Preisverfall sei auch nicht zu stoppen, wenn die Quoten eingefroren würden. Schließlich seien die Milchbauern 2008/2009 schon fünf Prozent unter der erlaubten Produktionsmenge geblieben. Immerhin soll die Milchmenge nun nicht mehr pro Land, sondern pro Betrieb abgerechnet werden. Selbst wenn ein Mitgliedsland seine Quote nicht ausgeschöpft hat, müssen sich Einzelbetriebe an ihre jeweilige Obergrenze halten. Damit soll die Milchmenge insgesamt gedrosselt werden. Darauf einigten sich Kommission und Agrarminister in Schweden.

In die Schlacht mit Agrarministern und unzufriedenen Bauern stürzte sich die 66-jährige gelernte Landwirtin in den vergangenen fünf Brüsseler Jahren mit sichtlicher Begeisterung. Da sie selbst auf der dänischen Ostseeinsel Fünen einen Hof besitzt und EU-Subventionen erhält, wurde ihre Ernennung zur Agrarkommissarin vom EU-Parlament zunächst kritisch kommentiert. Man traute ihr nicht zu, die Agrarpolitik zu reformieren. Fischer Boel machte dann rasch klar, dass sie Marktregulierung in der Landwirtschaft für ein Auslaufmodell hält.

Mit dem Milchstreit und der harten Kritik vor allem Frankreichs und Deutschlands an ihrer agrarpolitischen Linie habe ihre Entscheidung nun nichts zu tun, erklärte sie. „Wenn ich zehn Jahre jünger wäre, wären sie mich nicht losgeworden.“ Einem dänischen Fernsehsender sagte die Mutter von drei Kindern, sie wolle sich in Zukunft mehr um ihren Hof und die Enkelkinder kümmern. DANIELA WEINGÄRTNER

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