galerie brunand brunand
: Wer braucht schon Köpfe?

Galli: Klassisches Getümmelbild, 1990, Signed & dated on recto, Acryl auf Nessel, 150 x 190 cm Foto: © the artist & brunand brunand. Courtesy of brunand brunand & Galli. Ph: Marjorie Brunet Plaza

Nein, sie mochte es nicht in Italien, nicht in Florenz. Eingezwängt fühlte sich die Künstlerin Galli in den schmalen Gassen. Die „unheimlich martialischen Renaissancebauten“, die „abgelutschte Agfa­color-Ästhetik“, gefielen ihr nicht. In der Realität seien die italienischen Städte unerträglich. Man kann das nachlesen in Auszügen eines Interviews von 1991, das die Galerie Brunand Brunand, die eine Einzelausstellung der Berliner Malerin ausrichtet, im Pressetext veröffentlicht. „Absage ans Paradies“ bezieht sich darauf, es ist eine Absage an das Land des Dolce Vita. Galli, bürgerlich Anna-Gabriele Müller, wurde mit ihrer Malerei bekannt, als die „Neuen Wilden“, eine Gruppe meist männlicher Künstler, mit unbekümmerter, eben wilder, expressiver, figurativer Malerei auf sich aufmerksam machten. So ganz passte sie da nie hinein, hintersinniger war ihre Kunst, zeitkritischer, feministischer. Lange war es still um sie, wiederentdeckt wurde Galli unter anderem bei der vergangenen Berlin Biennale.

1990 war sie als Stipendiatin der Villa Romana in Florenz. Aus dieser Zeit stammen viele der großformatigen Gemälde und Zeichnungen. Eine Gruppe kleiner Karteikartenzeichnungen entstand 1989. Irre toll die kleinen mit dem Kugelschreiber bekritzelten Papierbögen, auf denen Galli den täglichen Horror, das Banale, das Abwegige, das große Ganze magisch verwandelt. In ihrer Malerei begegnen sie einem noch plastischer, die Monster, Organismen, Leiber mit so sehr vergrößerten Extremitäten, dass für Köpfe kein Raum mehr war. Aber wer braucht schon Köpfe bei diesen Körpern? Und wer braucht schon Italien, wenn man sich im nasskalten Berlin solche Kunst anschauen kann? Beate Scheder

Brunand Brunand, bis 8. Januar, Do.–Sa. 14–19 Uhr, Eisenbahnstr. 4, brunandbrunand.com