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Sauberere Luft könnte 300.000 Leben retten

Die Feinstaubmenge in Europa nimmt ab. Dennoch überschreiten weiterhin viele EU-Länder die Grenzwerte. Auch in Deutschland ist die Luftverschmutzung zu hoch

Hier wird gemessen, wie sauber die Luft ist: Messstation in der Oberhausener Innenstadt. In Nordrhein-Westfalen wird die Luftqualität rund um die Uhr an über 70 Stationen systematisch überwacht Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Von Lukas Nickel

Auch wenn die Luftqualität in Europa immer besser wird, starben im Jahr 2019 circa 307.000 Menschen in der Europäischen Union aufgrund von Feinstaub in der Luft. Das geht aus den am Montag vorgestellten Zahlen der EU-Umweltagentur hervor. Mehr als die Hälfte dieser Menschenleben hätte gerettet werden können: Gut 180.000 Menschen würden laut Umweltagentur jetzt noch leben, wenn sich die EU-Staaten an die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerte gehalten hätten.

WHO-Schätzungen zufolge sterben weltweit gut 7 Millionen Menschen pro Jahr durch eine zu hohe Luftverschmutzung. In Europa kommen zu den 307.000 Todesfällen durch Feinstaub noch 40.400 weitere durch Stickstoffdioxid und 16.800 durch bodennahes Ozon, auch wenn diese Zahlen aufgrund möglicher Doppelzählungen nicht addiert werden sollten. „Saubere Luft zu atmen sollte ein grundlegendes Menschenrecht sein. Es ist eine notwendige Voraussetzung für gesunde Gesellschaften. Auch wenn sich die Luftqualität in unserer Region in den letzten Jahren verbessert hat, haben wir noch einen weiten Weg vor uns“, zitiert der Bericht der Umweltagentur den WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge.

In Deutschland sind den Berechnungen zufolge 53.800 Menschen durch Feinstaub gestorben. Auch hier hätte fast die Hälfte, also 26.800 Menschen, bei Einhaltung der WHO-Grenzwerte gerettet werden können. Die WHO hatte im September erstmals seit 2005 deutlich strengere Grenzwerte für die Luftverschmutzung empfohlen. Das Europäische Parlament will jetzt im kommenden Jahr die Leitlinien zur Luftqualität aktualisieren und sich an den Empfehlungen der WHO orientieren. Derzeit überschreiten laut Umweltagentur viele europäische Länder mindestens einen der deutlich schwächeren EU-Grenzwerte.

In ihrer jährlich veröffentlichten Analyse hebt die Umweltagentur hervor, dass die Luftqualität sich in Europa im Vergleich zu 2018 verbessert hat. Damit setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort: Zwischen 2005 und 2019 ist die Zahl der Todesfälle aufgrund von Feinstaubbelastung um rund ein Drittel gesunken. Außerdem hat die EU-Kommission im Zuge ihres European Green Deals vor zwei Jahren angekündigt, die Feinstaubbelastung bis 2030 um mehr als 55 Prozent im Vergleich zu 2005 senken zu wollen.

Die Ampelparteien müssten die Grenzwerte anpassen, fordern Umweltschützer

Als Gründe für die Verbesserungen der Luftqualität nannte Umweltagentur-Direktor Hans Bruyninckx vor allem Fortschritte beim Heizen sowie in Verkehr, Landwirtschaft und Industrie: „Diese Investitionen retten Leben und tragen auch dazu bei, den Fortschritt in Richtung CO2-Neutralität und starker Biodiversität zu beschleunigen“, so Bruyninckx. Luftverschmutzung sei das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa.

Die Deutsche Umwelthilfe weist darauf hin, dass Holzöfen und -heizungen mehr Feinstaub produzieren als Lkws und Pkws zusammen. Als Sofortmaßnahme fordert sie deswegen eine Filterpflicht für Holzöfen. „Die neuen Zahlen der obersten EU-Umweltbehörde zeigen das Ausmaß des Scheiterns der bisherigen Luftreinhaltepolitik in Deutschland. Die Ampelparteien müssen die nationalen Grenzwerte für Feinstaub daher schnellstmöglich an die Empfehlungen der WHO anpassen“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Organisation.

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