OFF-KINO: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Zum Abschluss der Freiluftkinosaison gibt es einen amerikanischen Klassiker der verfilmten Weltliteratur: Der aus Deutschland stammende Regisseur William Dieterle drehte „Der Glöckner von Notre Dame“ im Jahr 1939 mit Charles Laughton in der Titelrolle und der damals gerade achtzehnjährigen Maureen O’Hara als Zigeunerin Esmeralda. Letztere ist das eigentliche Zentrum der (nicht restlos werkgetreuen) Geschichte, jene große erotische Attraktion, die unselige Leidenschaften entfacht bei den Männern, die sich um sie scharen: vom bigotten Richter Frollo über den eitlen Hauptmann Phöbus bis zu einem revolutionären Poeten und dem unglücklichen Glöckner. In expressiven Bildern mit starken Helldunkelkontrasten zeichnet Dieterle dabei ein ausgesprochen düsteres Bild des ausgehenden Mittelalters, das von Narren, Halsabschneidern und den Folterknechten einer tyrannischen Justiz beherrscht wird. (20. 9. Freiluftkino Friedrichshain)
Der grandiose Erfolg von Gore Verbinskis Korsarenabenteuer „Fluch der Karibik“ (2003) gründete nicht etwa auf überragenden Special Effects (die in den Fortsetzungen dann etwas überhand nahmen), sondern auf dem Erzählen einer soliden Abenteuergeschichte, die das Piratenfilmgenre ernst nahm. Und so gibt es in der Geschichte vom unverwüstlichen Piraten Jack Sparrow (Johnny Depp), dem sein Schiff abhanden gekommen ist, alles, was man für einen großen Spaß dieser Art benötigt: Enterszenen, wüste Degenduelle, einsame Inseln, eine schöne Gouverneurstochter (Keira Knightley), die das Piratenleben liebt, und Seeschlachten bis zum Untergang. Das zentrale Motiv des Films ist die Unabhängigkeit – denn genau das ist es, was sein Schiff „Black Pearl“ für Captain Sparrow bedeutet. Und so wird er alles daran setzen, seinen Segler vom ebenso bösen wie tragisch untoten Gegenspieler Captain Barbossa (Geoffrey Rush) zurückzuerlangen. (17.–20. 9. im Regenbogenkino)
Wenn Kinderfilme versuchen, den Kids in Sachen Toleranz gegenüber anderen etwas beizubiegen, wird es oftmals sehr schnell thesenhaft und didaktisch. Der Spaß bleibt dann schon einmal auf der Strecke. In Enzo d’Alòs Zeichentrickfilm „Wie Kater Zorbas der kleinen Möwe das Fliegen beibrachte“ (1999) ist das glücklicherweise anders. In der nach einem Kinderroman von Luis Sepulveda entstandenen italienischen Produktion erzählt der Regisseur sehr kindgerecht die Geschichte der anfangs noch recht trägen Hafenkatze Zorbas und ihrer Kumpel, die sich unversehens dazu hinreißen lassen, einer sterbenden Möwenmutter zu versprechen, ihr Ei auszubrüten. Anschließend aber haben die feliden Helden nun den kindlichen Vogel am Hals und müssen ihm – ehe er der Schizophrenie verfällt und sich endgültig für eine Katze hält – auch noch das Fliegen beibringen. Wie die faulen Katzen zu altem Schwung zurückfinden und dabei auch noch eine fiese Rattenverschwörung verhindern, ist ebenso lustig wie charmant und in einem attraktiven Bilderbuchstil gestaltet. (17.–23. 9. im Blow Up) LARS PENNING
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