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Neue Musik aus ZentralasienDer letzte Schrei aus Usbekistan

Diversität, Postkolonialismus, Transkulturalität, übersetzt in Musik: Das Omnibus Ensemble präsentierte sich in der Berliner Akademie der Künste.

Alte Seidenstraßenpracht, ein Highligt in Usbekistan: Samarkand Foto: picture alliance/dpa

V on Usbekistan weiß man hier wenig. Ein autoritär regiertes Land, die historische Seidenstraße ging da lang (Buchara, Samarkand). Ein Land mit viel Wüste auch.

Und Neuer Musik. Die wird nämlich auch gemacht in dem Land, also diese als anstrengend verschriene Kunstmusik, die aber nicht gleich an jeder Straßenecke in Usbekistan zu hören ist. Da fehlt es schlicht am Angebot, es ist fast schon übersehbar klein. Ein Name allein: Omnibus Ensemble. Es soll die einzige Formation in Usbekistan sein, die sich professionell der zeitgenössischen Musik widmet.

Womit Omnibus gleich doppelt in der Exotenrolle sitzt: Aus usbekischer Perspektive macht es exotische Musik, aus hiesiger Sicht ist es eben ein exotisches Ensemble. Das aber, sagt Ensemble-Leiter Artyom Kim, nicht zur Frischzellenkur herhalten will für die Neue Musik, die auch nur so ein alter weißer Mann ist, der mal einsehen muss, dass nicht mehr nur in Europa geklärt werden kann, was man nun unter zeitgenössischer Musik zu verstehen hat.

In einer Gesprächsrunde vor dem Omnibus-Konzert fielen dann die entsprechenden Stichworte, Diversität, Postkolonialismus, Transkulturalität, und dass doch bitte die Hierarchien zum Einstürzen gebracht werden sollen.

Alle dicken Diskussionsbretter wurden aufgelegt, in die zumindest als Fragezeichen kleine Löcher hineingebohrt wurden. Zum tiefer gehenden Austausch fehlte die Zeit, weil es schließlich noch die Musik gab, die gehört werden wollte.

Kunst oder Kitsch

In die Welt kam sie als Auftrag für die Donaueschinger Musiktage, das älteste Festival für Neue Musik, das sich zum Hundertjährigen was Welthaltiges gönnen wollte. Vergangene Woche wurde das Jubiläum eben auch mit einem Auftritt des Omnibus Ensembles gefeiert, das mit Arbeiten von KomponistInnen aus Bahrain, China, Thailand und der Türkei, alles nicht gerade ausgewiesene Neue-Musik-Destinationen, antrat. Am Mittwoch gab es einen Nachklapp in der Berliner Akademie der Künste.

Da war neben klassischen Neue-Musik-Instrumenten wie der Violine auch eine Sato zu sehen, die zentralasiatische Langhalslaute. Man sah einen Musiker seine Rahmentrommel im Kreis drehen, was man als den Kreislauf der Sonne deuten konnte oder des Mondes. Vielleicht auch nur als eine kreisende Rahmentrommel. Die Kompositionen wurden unentwirrbar durcheinander gemischt, man hörte melancholische ostwärts weisende Melodien, Krummbuckligkeiten aus dem Neue-Musik-Setzkasten, fernöstlich dekliniertes Minimal. Man hörte viel Sentiment. Ein Musiker ließ Sand durch die Finger rieseln.

Ob das alles nun Kunst war oder Kitsch, durfte man sich fragen. Und ob das überhaupt die richtige Frage ist. Und ob überhaupt so viel Sinn drinstecken konnte, wie augenscheinlich hineingepumpt werden sollte, mit der Theatralik auf der Bühne und den ganzen internationalen Begleitumständen drumherum.

Aber Musik kann sich ja nicht wehren.

Vielleicht muss noch gesagt sein, dass an diesem Abend auch der usbekische Botschafter durch den Saal huschte. Auf die Bühne aber wollte er nicht.

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Thomas Mauch
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1960, seit 2001 im Berlinressort der taz.
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1 Kommentar

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Diversität, Postkolonialismus, Transkulturalität, übersetzt in Musik:



    Genau, mit einem nussigen Abgang!