Progonose für den Arbeitsmarkt: Nach dem Corona-Blues
Der Arbeitsmarkt zieht an und wird dem IAB-Institut zufolge auch 2022 wachsen. Kneipen, Kitas und Pflegestätten suchen Personal.
Die Zahlen präsentierten Forscher:innen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsbildung (IAB) am Montag. Die Expert:innen rechnen mit 34,42 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Jahr 2022. „Damit werden neue Rekordstände erreicht“, erklärte IAB-Forschungsbereichsleiter Enzo Weber. Allerdings sei die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung noch „deutlich von dem Wachstumspfad entfernt, der ohne die Krise erwartbar gewesen wäre“.
Für die Bereiche Gastronomie und Touristik, Verkehr und Kultur und Messen erwarten die Forscher:innen im zweiten Halbjahr 2021 eine Erholung vom Lockdown. Die meisten zusätzlichen Stellen, plus 230.000, werde es 2022 in den Bereichen Öffentliche Dienstleister, Erziehung und Gesundheit geben, hieß es in der Prognose. Dies liege hauptsächlich am Ausbau der Kindertagesbetreuung und an der Alterung der Gesellschaft, so das IAB-Papier.
In der Branche Information und Kommunikation erwarten die Forscher:innen für 2021 einen Anstieg von 40.000 und im Jahr darauf dann von 60.000 Beschäftigten. Bezogen auf die Größe der Branche seien das die höchsten Zunahmen. Hinter der positiven Entwicklung stehe die durch die Covid-19-Pandemie „gestiegene Notwendigkeit, Produktions- und Dienstleistungsprozesse noch mehr zu vernetzen und zu digitalisieren“, hieß es in dem IAB-Papier.
Weniger Selbstständige
Der plötzliche Einbruch der Wirtschaftsleistung im Frühjahr 2020, bedingt durch die Coronapandemie, hatte den Arbeitsmarkt stark unter Druck gesetzt. Der größere Teil des Anstiegs der Arbeitslosigkeit sei „direkt auf die Eindämmungsmaßnahmen“ zurückzuführen gewesen und durch „zusätzliche beendete Beschäftigungsverhältnisse als auch durch weniger Neueinstellungen zustande gekommen“, so die Forscher:innen. Im Jahre 2020 war die Zahl der Arbeitslosen um 430.000 gestiegen.
Für dieses und das kommende Jahr rechnen die Forscher:innen auch wieder mit vermehrtem Zuzug von Erwerbspersonen aus dem Ausland. Bedingt durch die Eindämmungsmaßnahmen in der Pandemie kamen zeitweise weniger Pflegekräfte aus dem Ausland.
Die Spuren der Pandemie sind bei den Erwerbsformen sichtbar: Die Zahl der Selbstständigen geht weiter zurück. Rund neun Prozent der Erwerbstätigen waren im Jahr 2020 Selbstständige oder mithelfende Familienangehörige. Ihre Zahl ist seit neun Jahren rückläufig. In der Pandemie hat die Beschäftigungsform, die wenig soziale Sicherung bietet, weiter an Attraktivität verloren.
Die IAB-Berechnungen basieren auf der Annahme, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 2,2 Prozent und im nächsten Jahr um 3,8 Prozent wächst. Damit wird der Personalmangel brisanter. Der Arbeitskräftemangel betreffe derzeit in Teilen auch Bereiche wie das Gastgewerbe, so Weber. Im Pflegebereich ist der Fachkräftemangel ein Dauerthema.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!