die woche in berlin
: die woche in berlin

taz-Le­se­r*in­nen müssen sich vom Berliner Lokalteil in der taz am Wochenende verabschieden. Schluss ist auch mit der Maskenpflicht in Grundschulen. Und auch der berüchtigte Immobilienkonzern Akelius zieht sich aus Berlin zurück und verkauft sämtliche Berliner Bestände an den Mitbewerber Heimstaden

Abschied vom dicken „b“ aus Berlin

Dies ist die letzte rein Berliner Wochenendausgabe der taz

Auf der vorherigen Seite dieser Zeitung steht, oben links, ein dickes „b“. Und das seit knapp neun Jahren. Damals, am Samstag, den 3. November 2012, erschien zum ersten Mal der deutlich erweiterte Wochenend-Berlinteil der taz. Wir, die Redakteur*innen, hatten zusammen mit der Chefredaktion und der Layout-Abteilung fast ein Jahr über das Konzept diskutiert, an Textformaten gefeilt, das Erscheinungsbild besprochen.

Der Anspruch: Der Stadt in ihrer Vielfältigkeit journalistisch gerecht zu werden, mit umfassend recherchierten Texten, langen Reportagen, pointierten Kolumnen, einem starken Kulturteil und Interviews, die besonderen Ber­li­ne­r*in­nen ganz nahe kommen. Das dicke „b“ verkörperte diesen Anspruch; es wurde Teil – wenn man es soziologisch interpretieren will – der Identität der Redakteur*innen. Sogar die große Layout-Reform der Printausgabe 2017 überlebte es. Heute, mit dieser Ausgabe, prägt es zum letzten Mal die Berlin-Seiten der taz.

Kommende Woche liegt erstmals die erneuerte Wochenendausgabe der taz in Ihrem Briefkasten und am Kiosk – mit mehr Politikseiten im vorderen Buch (wie die einzelnen Zeitungsteile genannt werden) und gemeinsamen Seiten aus den taz-Regionalredaktionen Nord und Berlin. Anders als bisher erscheinen die Texte aus diesen beiden Regionen nicht mehr nur „vor Ort“ – was in Berlin immerhin weite Teile Ostdeutschlands betraf –, sondern bundesweit.

Erneut haben wir ein Jahr lang diskutiert mit den taz-Redakteur*innen im Norden, mit der Chefredaktion, den Pro­dukt­ent­wick­le­r*in­nen der taz und dem Layout, was dieses neue Buch ausmachen wird, um welche Themen es gehen muss und natürlich, wie es heißen sollte. Zumindest letzteres können wir hier schon mal verraten: „Stadtland“ wird darüber stehen.

Thematisch werden die Seiten also anknüpfen an das, was auch unter dem dicken „b“ oft verhandelt wurde: Wie verändern sich urbane Lebensräume? Wie wirkt sich das auf den Alltag, die Lebenswelt, die Zukunft der Menschen aus? Welche Rolle spielen dabei soziale Bewegungen? Und, was in den letzten Jahren angesichts eines wachsenden Berlins immer relevanter wurde: Welche Verbindungen entwickeln sich in die Umgebung dieser urbanen Räume?

Die erste Überschrift im November 2012 hieß übrigens: „Bullerbü ist überall“ – der Text dazu fragte danach, ob die Stadt Berlin langsam zum Dorf verkomme.

Diese und viele andere Themen zusammen mit den taz-Kolleg*innen aus dem Norden zu bearbeiten, wird herausfordernd und spannend – also genau das, was guter Journalismus braucht.

Etwas wehmütig sind wir in der Berlin-Redaktion allerdings, dass das dicke „b“ nun verschwindet, zumindest als Symbol am Wochenende. Denn dieses „b“ gab es nur einmal in der immer noch weiten Presselandschaft der Stadt. Aber unser Anspruch und unsere Expertise bleibt, sie werden sich am Wochenende nur etwas anders darstellen. Lassen Sie sich überraschen, liebe Leser*innen.

Anna Klöpper, Bert Schulz (leiten als Duo das Berlin-Ressort)

Gut gemacht, schlecht begründet

Die Maskenpflicht in den Grundschulen wird ausgesetzt

Es ist doch immer wieder leicht, auch in der Spätphase der Pandemie, unnötig für Aufregung zu sorgen. So geschehen am Dienstag, als Noch-Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) das vorläufige Ende der Maskenpflicht in den Grundschulen ab dem kommenden Montag verkündete. Es sei „an der Zeit“, sagte sie, schließlich sei gerade für die Kleinsten die Mimik der Lehrkraft bei der Alphabetisierung wichtig.

Stimmt alles, sind aber alles keine Argumente, die Maskenpflicht gerade jetzt auszusetzen. Denn dass es für Kinder nicht optimal ist, das Gesicht der LehrerIn nur halb zu sehen, wird bereits seit Beginn der Pandemie diskutiert. Wieso es nun plötzlich und mit dieser Begründung „an der Zeit“ sein soll, ist nicht ganz ersichtlich.

Besser wäre es gewesen, die Maskenpflicht auszusetzen – und das fachlich zu begründen. Die Blaupause dafür wäre schon da gewesen: Ende August hatten die Berliner AmtsärztInnen die Aussetzung der Quarantänepflicht an den Schulen gefordert. Ihre Begründung war schlüssig: Die Impfquote in der Bevölkerung sei inzwischen hoch, gerade die Risikogruppen sind geimpft. Ungeimpfte Kinder gefährden also nicht mehr so sehr ihre Großeltern zu Hause. Und sie sind zugleich durch die geimpften Erwachsenen um sie herum immer besser geschützt.

Dazu komme, sagten die ExpertInnen, dass Krankheitsverläufe bei Kindern in der Regel weniger schwerwiegend seien, wie Studien immerhin inzwischen hinreichend belegten. Es sei also medizinisch vertretbar, den Kindern wieder einen unbeschwerteren Schulalltag zu ermöglichen. Denn 14 Tage Quarantäne bei einem Positivfall in der Klasse bedeuten für viele Kinder eben auch: 14 Tage zu Hause bleiben. Schlecht für den Kinderschutz, schlecht für die Lernleistungen der ohnehin schwächeren SchülerInnen, wie man inzwischen hinlänglich weiß.

Auch Brandenburg hat längst keine Maskenpflicht in den Schulen mehr; die Inzidenzen sind nicht signifikant gestiegen. Zudem bleibt ja die Testpflicht in den Berliner Schulen. Zur Erinnerung: In den Betrieben und Büros gab es während der ganzen Pandemie keine Testpflicht.

Ja, es ist Zeit, die Maskenpflicht für die SchülerInnen auszusetzen. Und man hätte das sogar begründen können. So aber verweisen jetzt wieder alle auf die jetzt schon so hohen Inzidenzen bei jüngeren Kindern. Dabei sind wir doch, siehe die Argumentation der Amtsärzte, eigentlich schon viel weiter.

Anna Klöpper

Akelius lässt sich Raubzug vergolden

Immobilienkonzern verkauft alle Wohnungen an Heimstaden

Der schwedische Konzern Heimstaden ist innerhalb von nur drei Jahren zum drittgrößten privaten Vermieter Berlins aufgestiegen. Die ersten zehn Häuser in Spandau wechselten Mitte 2018 ins Portfolio von Heimstaden, nach zwei weiteren kleinen Paketen folgte vor einem Jahr der Ankauf von 150 Häusern mit 4.000 Wohnungen. In der Wahlnacht wurde nun bekannt, dass Heimstaden zwei Drittel des Bestandes des ebenfalls schwedischen Konzerns Akelius übernimmt – die Hälfte davon, 14.050 Wohnungen, in Berlin. Sollte die Übernahme der Deutschen Wohnen durch Vonovia noch gelingen – die Frist zum Ankauf der Aktienmehrheit läuft bis Ende Oktober –, wäre Heimstaden mit seinen etwa 20.000 Wohnungen gar der zweitgrößte private Player.

Das lässt er sich etwas kosten: Für das nun erworbene Gesamtpaket mit fast 29.000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Dänemark zahlt Heimstaden 9,1 Milliarden Euro – also geschätzte 4,5 Milliarden für die 14.000 Berliner Wohnungen. Zum Vergleich: Für die knapp 15.000 Wohnungen, die Berlin derzeit von Vonovia und der Deutschen Wohnen zurückkauft, werden 2,3 Milliarden Euro fällig. Dass Heimstaden doppelt so teuer wie die Stadt einkauft, ist mit dem Geschäftsmodell von Akelius zu erklären: Die Fokussierung auf Bestände in guten Lagen, Luxussanierungen, überhöhte Mieten, schließlich die Umwandlung in Eigentumswohnungen. Viele der Wohnungen dürfte Heimstaden also demnächst als Eigentum weiterverkaufen können.

Akelius ist in Berlin inzwischen an die Grenzen seiner spekulativen Aufwertung gekommen, erst recht seit Ende August die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in ganz Berlin faktisch ausgeschlossen wurde. Doch mehr als ein Jahrzehnt auf dem Berliner Markt waren für Akelius ein einträgliches Geschäft. Laut der Studie „Wem gehört die Stadt“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung erzielte Akelius seit 2004 jährliche Renditen von elf Prozent. Nun hat sich Akelius seinen Raubzug vergolden lassen – und wird mit neuen Ankäufen die nächsten Regionen beglücken.

Während Akelius nichts auf seine Außendarstellung gab, versucht Heimstaden sich offensiv als guter Vermieter für die Stadt zu präsentieren. Dazu gehört, dass die Übernahme der Akelius-Wohnungen nicht als Share-Deal erfolgt, die fälligen Steuern auf den Kauf also nicht durch Tricks umgangen werden. Für seine im vergangenen Jahr angekauften Wohnungen – zumindest jene 2.200 in Milieuschutzgebieten –, unterzeichnete der Konzern nach langem Zögern eine Abwendungsvereinbarung mit Bezirken und Stadt und verpflichte sich etwa dazu, auf die Umwandlung der Mietshäuser in Eigentumswohnungen für die Dauer von 20 Jahren zu verzichten. Eine Wiederholung dieser Vereinbarung wird es nicht geben, die Umwandlung ist ja bereits vollzogen.

Was bleibt ist also die Prüfung des Vorkaufsrechts für jedes Haus. Doch die schiere Masse ist für die Bezirke, denen nur zwei Monate Zeit bleiben, eine kaum zu stemmende Aufgabe. Dazu kommt: Angesichts der Hochpreise werden sich Drittkäufer nur schwerlich finden lassen. Auch ist der Topf für Landeszuschüsse für Ankäufe durch Genossenschaften leer. Realistisch betrachtet werden sich nur wenige Häuser retten lassen – dennoch lohnt sich für sie jeder Aufwand.

Erik Peter

Was bleibt, ist also die Prüfung des Vorkaufsrechts für jedes Haus. Doch die schiere Masse ist für die Bezirke, denen nur zwei Monate Zeit bleiben, eine kaum zu stemmende Aufgabe

Erik Peterüber den Verkauf von Berliner Wohnungen von einem schwedischen Immobilienkonzern zum andern