: Häuserkampf in Göttingen
Wohnprojekt erzählt seine 40-jährige Geschichte
Es erinnert ein bisschen an Pippi Langstrumpfs Villa Kunterbunt: das große, gelbe Fachwerkhaus mit den auffälligen, blau gestrichenen Wintergärten am Göttinger Zentralcampus. Im Wohnprojekt „Gosse 17“ feiert man am kommenden Mittwoch die eigene Geschichte zwischen Mietenstruggle und Häuserkampf mit der Veröffentlichung einer Broschüre zum 40. Besetzungsjubiläum. „Wir haben gemerkt, dass das Haus eine sehr bewegte Geschichte hat“, erzählt Johannes, der seit fünf Jahren dort lebt. Diese reiche von der Erbauung 1905 bis zur Besetzung und zu kontinuierlichen Häuserkämpfen über die vergangenen 40 Jahre.
„Wir wollen diese Geschichte zugänglich machen und in das aktuelle Geschehen um Wohnraumkämpfe einbetten.“ Die Besetzung des zunächst abrissgefährdeten, dann jahrelang leer stehenden Hauses fand am Morgen des 6. Mai 1981 statt und war eine der ersten autonomen Besetzungen in Göttingen.
Hausbesetzer:innen von damals erzählen von extremer Wohnungsnot, einer gut organisierten Bewegung und starker Repression. Nach der kurzzeitigen Besetzung übernahm das Studentenwerk die Verantwortung für die Instandsetzung. Seit 2007 führten erst die geplante Abschaffung der unbefristeten Kollektivmietverträge ehemals besetzter Häuser und ab 2016 angekündigte Mieterhöhungen zu Konflikten, Kämpfen und Verhandlungen. 2018 wurde schließlich ein Angebot zum Hauskauf erstritten und angenommen.
Diese Geschichte macht die „Gosse“ zu einem Beispiel für einen erfolgreich geführten Wohnraumkampf und zeigt gleichzeitig, dass das Fehlen bezahlbaren Wohnraums für Studierende wie Nichtstudierende mit wenig Geld in Göttingen Tradition hat. Hausprojekte können in diesem Zusammenhang Raum bieten für politische Arbeit, die sozialen Wohnraum vorantreibt und Orte der Solidarität und Vernetzung in den Nachbarschaften sein. Liz Mathy
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