Spahn darf Arbeitsschutz nicht aufweichen

Dürfen Arbeitgeber ihre Beschäftigten fragen, ob sie geimpft sind? Nein, sagt Arbeitsminister Heil (SPD) und widerspricht damit dem Gesundheitsminister Spahn (CDU)

Nicht immer einer Meinung: Gesundheitsminister Jens Spahn (links) und Arbeits­minister Hubertus Heil Foto: Fo­to:­ Christian Spicker/imago

Von Gareth Joswig

Während insbesondere unter Kindern die Inzidenzen stark steigen, an Schulen mehrheitlich noch immer keine Luftfilter in Betrieb sind und die Durchseuchung Minderjähriger mit unbekannten Folgen in Kauf genommen wird, streitet die Öffentlichkeit vor allem darüber, ob Arbeitgeber den Impfstatus von Beschäftigen abfragen dürfen.

Das jedenfalls schlug Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, um das abnehmende Impftempo weiter zu erhöhen. Auch Arbeitgeberverbände sowie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprachen sich dafür aus. Denen erteilte am Mittwoch allerdings Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine deutliche Absage: „Ein generelles Auskunftsrecht des Arbeitgebers wird es aus rechtlichen Gründen nicht geben können, das Arbeitsrecht gibt das nicht her“, sagte Heil in einem ARD-Interview. Man könne keine persönlichen Daten über den Gesundheitsstatus zugänglich machen. Dass Wahlkampf ist, merkte man auch: „Man muss ja solche Forderungen auch zu Ende denken. Man kann nicht immer in einer Talkshow irgendwas fordern“, sagte er in Richtung Spahn, der den Vorschlag en passant bei Hart aber fair gemacht hatte.

Dennoch hat sich das Bundeskabinett am Mittwoch mit einer neuen Arbeitsschutzverordnung beschäftigt, die möglichst auch die Impfquote erhöhen soll. Statt einer Impfstatusabfrage gibt es aber vor allem Aufklärung: Arbeitgebern wird ab dem 10. September vorgeschrieben, über Risiken einer Covid19-Infektion und Impfmöglichkeiten zu informieren. Ebenso müssen sie weiter kostenlos Masken und Tests bereitstellen, Hygienepläne aufstellen und Beschäftige für Impftermine freistellen.

Ergänzend brachte Heil für besonders sensible Berufsfelder pragmatischere Lösungen ins Spiel. Denkbar sei etwa, über das Infektionsschutzgesetz an sensiblen Arbeitsplätzen wie Justizvollzugsanstalten oder Krankenhäusern 3G-Regeln aufzustellen – also hier von Beschäftigten Nachweise über Impfung, Genesung oder Testung zu verlangen. Dafür müsste laut Heil allerdings Gesundheitsminister Spahn einen Vorschlag machen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte ebenfalls rechtliche Zweifel an einem Auskunftsrecht für Arbeitgeber – dies sei höchstens in Ausnahmefällen zulässig.

„Ein Auskunftsrecht wird es aus rechtlichen Gründen nicht geben können“

Arbeitsminister Heil (SPD)

Wie das aussehen könnte? Der Bundesdatenschutzbeauf­tragte Ulrich Kelber (SPD) machte dazu im Deutschlandfunk einen Kompromissvorschlag: Er halte es während einer Übergangszeit in der Pandemie für vorstellbar, sensible Informationen abzufragen, insofern sie allgemein bleiben. „Wenn man sagt, wir stellen Geimpfte, Genesene und Getestete gleich, dann muss der Arbeitgeber natürlich nicht wissen, welchen dieser drei Teilstati man erfüllt“, so Kelber. Auf keinen Fall dürfe ein Arbeitgeber mit Blick auf Langzeitfolgen und Long Covid erfahren, ob Beschäftigte geimpft oder genesen seien.

Die Gewerkschaften indes positionierten sich klar gegen Spahn: „Die Forderung nach Selbstauskunft über den eigenen Impfstatus ist ein No-Go“, sagt DGB-Vorständin Anja Piel. Damit versuche man, die Verantwortung für Arbeitsschutz auf Beschäftigte abzuwälzen. Arbeitgeber sollten zur Eindämmung der Pandemie weiter auf Maßnahmen wie Homeoffice setzen – zumal auch Geimpfte das Virus übertragen könnten. (mit dpa und reuters)