Das neue Wahlrecht bleibt – jedenfalls vorerst

Von Christian Rath

Bei der kommenden Bundestagswahl wird mit dem Wahlrecht gewählt, das die große Koalition im letzten Herbst beschlossen hat. Ein Eilantrag von FDP, Linken und Grünen, der das verhindern sollte, scheiterte nun beim Bundesverfassungsgericht.

Eigentlich hat der Bundestag 598 Sitze. Doch bei der Wahl 2017 kamen 46 Überhangmandate hinzu sowie 65 Ausgleichsmandate. Der Bundestag wuchs so auf 709 Sitze an. Damit der Bundestag wieder kleiner wird, sollte das Wahlrecht reformiert werden.

Doch die Änderung, die im Oktober 2020 schließlich beschlossen wurde, gilt als halbherzig. Bei Anwendung des neuen Wahlrechts auf das Wahlergebnis von 2017 hätte der Bundestag nur 22 Sitze weniger gehabt.

Konkret hatte die Große Koalition beschlossen, dass Überhangmandate teilweise mit Listenplätzen aus anderen Bundesländern verrechnet werden. Außerdem sollen drei Überhangmandate ohne Ausgleich bleiben. Gegen diesen Beschluss erhoben 216 Abgeordnete von FDP, Linken und Grünen eine Normenkontrollklage.

Sie monierten vor allem, das Wahlrecht sei zu unbestimmt. Die Fraktionen stellten zudem einen Eilantrag: Bei der Wahl am 26. September sollte noch einmal mit dem alten Wahlrecht gewählt werden. Der Bundestag wäre dadurch sogar etwas größer geworden.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts lehnte den Eilantrag nun aber ab. Bei der kommenden Bundestagswahl wird also mit dem neuen Wahlrecht gewählt.

Dabei stellten die Rich­te­r:in­nen fest, dass das neue Wahlrecht nicht so unbestimmt sei, wie von den Abgeordneten behauptet. Es liege nahe, dass sich die drei unausgeglichenen Überhangmandate auf die gesamte Wahl beziehen und nicht auf einzelne Landeslisten oder Parteien. Dadurch werde vermutlich auch die Chancengleichheit der Parteien nicht unzulässig eingeschränkt.

Denn das Verfassungsgericht hatte in früheren Entscheidungen bereits bis zu 15 unausgeglichene Überhangmandate für vertretbar erklärt. Als neues Problem warfen die Rich­te­r:in­nen die Frage auf, ob das Wahlrecht inzwischen so kompliziert ist, dass es schon deshalb verfassungswidrig sein könnte.

Doch all das soll endgültig erst nach der Wahl im Hauptsacheverfahren entschieden werden. In einer Folgenabwägung kamen die Richter nun zum Schluss, dass die Gründe für eine vorläufige Rückkehr zum alten Wahlrecht nicht überwiegen.

(Az.: 2 BvF 1/21)