Bismarck-Denkmal in Hamburg: Ein neuer Mantel für den Kanzler
Wie mit dem rassistischen Erbe umgehen? Was mit einem Denkmal wie dem für Otto von Bismarck in Hamburg machen? Ein Workshop will Antworten finden.
Und wieder spielte die Kritik keine Rolle und das Geld floss ohne Bedenken: Sechs Millionen Euro sollten aus dem Bundeskulturetat kommen, die Stadt wollte den Rest erbringen. Fast neun Millionen Euro kostet nun die Anfang des Jahres begonnene Sanierung, weitere gut sechs Millionen fließen aus der Stadtkasse in die Aufbereitung der Parkanlagen. Eine Bürger*innenbeteiligung soll dabei die Interessen der Bewohner*innen der anliegenden Stadtteile St. Pauli und Neustadt berücksichtigen.
Doch dann schallte nach dem Mord an George Floyd ein Ruf nach Gerechtigkeit über die Welt und riss nicht nur in den USA Wunden auf. Wie mit dem rassistischen Erbe umgehen? Was tun mit Ehrendenkmälern für Kolonialherren? Soll man also im Fall des Bismarck-Denkmals einen Kriegstreiber überhaupt von Grund auf sanieren?
Doch das Geld ist ausgegeben, der Granit wieder sauber. Um die Lücke zwischen Sanierung und Aufarbeitung zu schließen, beschloss der Senat deshalb ein Konzept: Die von „zivilgesellschaftlichen Initiativen formulierte Kritik“ soll Ende des Jahres in einen künstlerisch-didaktischen Wettbewerb einfließen, Vorschläge sollen dann von einer internationalen Jury bewertet und ein adäquater Umgang mit dem Denkmal gefunden werden.
Die Kolonialisierung Westafrikas
Was genau da zur Aufgabe für die Wettbewerber*innen werden soll und wie man dabei diverse Akteur*innen einbeziehen kann, tüftelt gerade eine Workshop-Reihe aus, pandemiebedingt nur per Zoom.
Am Donnerstag sitzt beim zweiten von vier Workshops nun Kokou Azamed auKulturwissenschaftler lehrt an der University of Lomé in Togo – jenem Land, das einen Teil der einstigen deutschen Kolonie Togo umfasst. Azamed setzt sich in seiner Forschung unter anderem mit der Kolonialisierung Westafrikas durch Deutschland auseinander. Mit dabei ist auch Noa Ha, Stadtforscherin und Gründungsmitglied der Fachgesellschaft für rassismuskritische, postkoloniale und dekoloniale Forschung und Praxis. Welche Zukunft dem veralteten Denkmal bevorsteht – im kommenden Jahr wissen wir mehr.
Workshop „Was macht das Denkmal so schwierig?“: Do, 12. 8., 19 Uhr, Teilnahme über Zoom.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos