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Olympische SommerspieleDie Macht des Sports

Martin Krauss
Kommentar von Martin Krauss

Keine von den hehren Rechtfertigungen für die Olympischen Spiele hat sich erfüllt. Die Ästhetik des Sports reichte aus – wie jedes Mal.

Die Tokioter Spiele waren ein Erfolg, weil das vom IOC so beschlossen wurde und dann ist das auch so Foto: Sebastian Wells/OSTKREUZ

G erade hat das Internationale Olympische Komitee mit Ach und Krach sein Weltereignis in Tokio über die Bühne gebracht, schon richtet es sein Augenmerk auf die Winterspiele, die im Februar 2022 in Peking eröffnet werden. Sechs Monate Zeit sind bis dahin, vermutlich werden auch sie von der Covid-19-Pandemie geprägt sein.

Die Tokioter Spiele waren ein Erfolg. Sie waren dies, weil das IOC beschlossen hatte, dass sie gefälligst ein Erfolg werden mussten. So wie das IOC auch beschlossen hat, dass das Event „Tokyo 2020“ heißt. Die eigene olympische Welt verlangt eben nach einer eigenen Zeitrechnung. Sie konnten als Erfolg verkauft werden, weil wieder mal die politische Macht des praktizierten Sports gesiegt hatte. Sobald die TV-Bilder die Ästhetik des Sports transportieren, kann jede Regierung dieser Erde aufatmen.

Dabei ist nichts von dem eingetroffen, womit dieses Megaevent in Tokio begründet und vor der Bevölkerung gerechtfertigt wurde: Kein Aufbruch nach der Reaktorkatastrophe und dem Tsunami von 2011. Keine Demonstration neuer technologischer Stärke. Kein Ende der Pandemie. Aber, olympisches Wunder des Sports, all das ist auch kein Thema mehr. Für die anstehenden Spiele in Peking heißt das: Die Organisatoren müssen nur durchhalten, bis das olympische Feuer flackert – dann haben sie gewonnen.

Was es derzeit hierzulande gibt, ist eine bizarre Debatte über das deutsche Abschneiden. Abgesehen davon, dass dies eine zutiefst deutschnationale Betrachtung ist, so speist sie sich vor allem aus dem Unwillen, weltpolitische Realität wahrzunehmen. Dass sogenannte kleinere Nationen im Zeitalter der Globalisierung aufholen, überrascht wirklich niemand. Die Spiele haben etwa die erste Olympiamedaille für Burkina Faso gebracht.

Wie muss man gestrickt sein, wenn man bemängelt, die 37 Podiumsplätze deutscher Athleten seien peinlich und zu wenig? Vermutlich muss man etwa so sein wie das IOC: in einer komplett eigenen Welt leben.

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, freier Mitarbeiter des taz-Sports seit 1989
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1 Kommentar

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  • Die olympische Idee.

    Ein schönes Bonmot von Stephan Oettermann in seiner Kulturgeschichte des Laufsports (Läufer und Vorläufer), zur >>»Olympische Idee«, dieser antikisierenden, ideologischen Verbrämung des HöchstleistungsgedankensMens sana in corporo sano - gute Geschäfte in einer gesunden Wirtschaft