meinungsstark:
Die Haltung ist wichtig
„Heimat muss was anderes sein“, taz vom 24. 7. 21
Ich finde den Bericht von Marion von Haaren verstörend und denke, dass der so nicht alleine stehen kann. Das Wort Heimat spielt eine wichtige Rolle in ihrer Familiengeschichte und die Abwesenheit von Heimat in ihrer persönlichen. Ich würde ihr gerne die Geschichte einer proletarischen Familie gegenüberstellen – die zeitgleich niemals Heimat, Grund und Boden hatte, deren einer Sohn im Krieg fiel und deren anderer (mein Vater und Werftarbeiter in Bremerhaven) als 18-Jähriger im Winter 44/45 schwerst verletzt wurde und in Strohschuhen auf eigene Faust nach Westen fliehen musste! Eine Heimat hatten wir nie – aber immer eine antifaschistische Haltung! Auch über den Umgang mit Juden und Kommunisten gäbe es einiges zu berichten und über Väter von Freunden meiner Eltern, die über Nacht verschwanden ...! Wer es wissen wollte – der wusste ganz genau, was im Faschismus Wirklichkeit war.
Gerd Nord, Hannover
Keine Aufarbeitung
Geschichten wie die von Frau von Haaren habe ich in den letzten 50 Jahren sehr oft gelesen. Aber nicht in der taz. Ich finde, Frau von Haaren wirbt noch im Jahr 2021 eher um Verständnis, statt dass sie aufarbeitet, so wie viele ähnliche, auch verfilmte Geschichten das auch taten. Bei mir bleibt vor allem das Misstrauen, was ihr Gedächtnis anbelangt, denn sie kannte keine KZs, obwohl sie Abiturientin in einem seit 1966 nach Erich Klausener, einem katholischen Widerstandskämpfer, benannten Gymnasium war, als auch in Bezug auf die Rolle der Heimatvertriebenen in der Geschichte der BRD.
Der Artikel ist keine Aufklärung. Will Frau von Haaren wirklich nicht verstehen, wie viele in dieser Generation ihrer Mutter und auch meiner Eltern das beschönigende Geschichtsbild vor allem in der CDU prägten? Sie wurden unterstützt von heimatvertriebenen Abgeordneten, durch ihre Privilegien durch einen Flüchtlingsausweis, durch zum Teil hohe Entschädigungszahlungen und durch Frauen wie Frau Steinbach. Sie haben sich vor allem nie zu ihrer eigenen Rolle als Stimmgeber, als politische Unterstützer für Rechte und als Verdränger in Bezug auf die Opfer in anderen Ländern auch nach 1945 bekannt. Sie haben notwendige Verurteilungen von Nazis verhindert, Reparationen an Zwangsarbeiter:innen und so weiter.
Als Journalistin müsste Frau von Haaren auch das analysieren und nicht nur emotional persönlich betroffen alte, starre Nazis verteidigen und deren falsches Geschichtsbild relativieren, auch wenn sie nett waren wie ihre und zum Beispiel auch meine Mutter. Hilla Metzner, Berlin
Umbenennung der Standardwerke
„Keine Ehrung von NS-Juristen“, taz vom 27. 7. 21
Der Beck-Verlag nennt den Palandt um, nennt den Schönfelder um, nennt den Maunz/Dürig um. Alles Standardwerke der Rechtsliteratur, mit denen Hunderttausende Jurastudenten die letzten 70 Jahre gequält wurden. Gut so. Mit alten Nazis muss man nicht auch noch werben, Beck-Verlag. Was mich dabei allerdings betrübt, ist, dass ich diese Herren nicht schon damals, vor 50 Jahren, während des Studiums, hinterfragt habe. Das ist peinlich für mich und für Hunderttausende Juristen. Wir haben, das wird damit erneut sichtbar, viele Jahrzehnte Nazis in allen Funktionen des Rechtssystems geduldet. Schrecklich. Michael Maresch, München
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