Wo die Mörder Herz zeigen
Online-Vortrag über die Geschichte der Tiere im „Dritten Reich“
Von Alexander Diehl
Wie viele Hunde- sind eigentlich 80 Menschenjahre? Dieser Tage wird viel an das „Unternehmen Barbarossa“ erinnert, den deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 – ein Kreis, der sich gewissermaßen am 30. April 1945 schloss: Da erreichten Soldaten des 79. Infanterie-Korps der Roten Armee die Reichskanzlei in Berlin. Neben den Überresten Adolf Hitlers und Eva Brauns sollen sie auch die Überbleibsel zweier Schäferhunde gefunden haben. wahrscheinlich Hitlers Hündin „Blondi“ und ihr Nachwuchs „Wolf“.
Über den „Führer“ und seine beste Freundin kursieren vergleichsweise viele Angaben, nicht immer belegt – es scheint bei manchen Nachgeborenen ein Bedürfnis zu geben, dem millionenfachen Mörder Tierliebe nachweisen zu können. Verdanken wir nicht auch den Nazis das weltweit erste Tierschutzgesetz? Ja – und es war, wen überrascht es, zutiefst antisemitisch motiviert.
Über Anekdoten hinaus sei aber „wenig über die Bedeutung und Wahrnehmung der Tiere in dieser Zeit bekannt“, sagt der Berliner Journalist und Sachbuchautor Jan Mohnhaupt: Er hat bereits über Zoologische Gärten im Kalten Krieg geschrieben und im vergangenen Jahr, eben, über „Tiere im Nationalsozialismus“ (Hanser 2020, 256 S., 22 Euro; E-Book: 16,99 Euro).
Tiere hätten in allen Lebensbereichen eine wichtige Rolle gespielt, so Mohnhaupt. Dem Regime attestiert er dabei eine „systematische Verschiebung der Grenzen“. Anders ausgedrückt: „Eine Ideologie, die den Wert von Leben daran bemisst, welchen ‚Nutzen‘ es der eigenen ‚Lebensgemeinschaft‘ bringt, unterscheidet nicht zwischen ‚Mensch‘ und ‚Tier‘, sondern zwischen ‚nützlichem‘ und ‚lebensunwertem‘ Leben.“
Im Rahmen der Ausstellung „Das Tier und Wir“ lädt das Museum August Kestner in Hannover heute Abend zu einem Online-Vortrag Mohnhaupts.
18.30 Uhr, https://ex.musdig.org/VortragTiereNationalsozialismus, Meeting-ID: 696 94 32 76 66, Kenncode: 64 45 39