das detail: Kontrolleure kontrollieren
Das DFB-Präsidium legt die Ethikkommission inmitten spannender Ermittlungen lahm
Das DFB-Nationalteam lebte schon vor Corona am liebsten in seiner eigenen, gut geschützten Blase. Die Teamquartiere während der großen Turniere durfte nur der enge Betreuerstab, ab und an die nächsten Verwandten und die Alphamännchen des Deutschen Fußball-Bundes betreten. Doch dieses Mal sind die Bungalows in Herzogenaurach auch für die Interimspräsidenten Peter Peters und Rainer Koch tabu. Das Ganze habe „rein organisatorische und hygienetechnische Aspekte“, beschwichtigte DFB-Direktor Oliver Bierhoff und ermöglichte damit doch ungewollt größere Assoziationsspielräume.
Heilfroh wird man in Herzogenaurach gerade sein, dass Strippenzieher Koch die eh nicht so dufte Stimmung im Nationalteam noch mehr eintrüben kann. Denn am Mittwoch wirkte er offenbar daran mit, dass die für die Verbandshygiene zuständige Ethikkommission, die gerade gegen Koch wegen schmutziger Geschichten ermittelt, erst einmal arbeitsunfähig ist und sich neu aufstellen muss. Unter anderem soll es um die ehemalige Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus gehen, die vonseiten des DFB angeblich gewarnt wurde, sich an einer Reformgruppe und Fraueninitiative zu beteiligen.
Das Lahmlegen der Ethikkommission soll dadurch möglich gewesen sein, dass das DFB-Präsidium mit knapper Mehrheit (7 zu 5 Stimmen) die Personalberaterin Irina Kummert zur neuen Chefin des Gremiums wählte, obwohl im Vorfeld deren andere Mitglieder, der kommissarische Chef Bernd Knobloch, Korruptionsexpertin Birgit Galley und der Theologe Nikolaus Schneider, ihren Rücktritt angekündigt hatten. Die Ethikkommission ist nun handlungsunfähig und soll personell neu besetzt werden.
Im Fußballmagazin kicker berichtete Knobloch, Schatzmeister Stephan Osnabrügge habe schon im März einen Befangenheitsantrag gegen ihn gestellt und in anderem Zusammenhang versucht, Druck auf die satzungsgemäß unabhängige Ethikkommission auszuüben. Osnabrügge, der als Unterstützer von Koch gilt, habe, so erklärt Knobloch, „den Mitgliedern der Prüfungskommission angedroht, diese persönlich haftbar zu machen, wenn sie nicht ihre bisherigen Ermittlungsergebnisse abändern“.
Sepp Blatter führte als Fifa-Chef 2006 erstmals eine Ethikkommission ein, was sich für ihn als profitabel erwies. Über diesen Weg wurde so mancher interne Gegner aus dem Weg geräumt. Als sein Nachfolger Gianni Infantino sich dieses Gremium ebenso zunutze machte, ließ sich Blatter zu der amüsanten Feststellung hinreißen: „Mich überrascht nichts mehr. Die Kontrollorgane der Fifa sind unter Gianni Infantino nicht mehr unabhängig.“ Der DFB bestellt seit 2016 seine Ethikkommission. Wie unabhängig sie ist, zeigt sich nun. Johannes Kopp
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen