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Osman Engin Die CoronachronikenOsman, der Coronaflüchtling

privat

Osman Engin ist Satiriker in Bremen. Zu hören gibt es seine Kolumnen unter https://wortart.lnk.to/Osman_Corona. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).

Meine Frau Eminanim kommt mit einem behördlichen Brief in der Hand ins Wohnzimmer. „Osman, weil du die Quarantäne-Bestimmungen nicht einhältst, müssen wir jetzt 500 Euro Strafe bezahlen“, schimpft sie. „Eminanim, wovon redest du? Was für eine Quarantäne und was für welche Bestimmungen?“, frage ich verwirrt.

„Das Gesundheitsamt hat gemerkt, dass du aus der Quarantäne geflüchtet bist. Das ist höchst verantwortungslos! Du bist gemeingefährlich für deine Mitmenschen – insbesondere für mich!“

„Aber ich bin doch nicht krank!“

Total wütend laufe ich zum Gesundheitsamt. „Aus der Quarantäne flüchtet man nicht“, ist der Beamte beim Gesundheitsamt mit meiner Frau einer Meinung.

„Um aus der Quarantäne zu flüchten, müsste ich doch erst mal drin gewesen sein. Um drin gewesen zu sein, müsste ich krank gewesen sein. Ich bin beides nicht, wie Sie sehen!“

Der folgende Schnelltest ist auch negativ. Negativ für Corona. Ich bin nicht krank.

„Entschuldigung, Herr Engin, unser Computer ist wohl selber infiziert. Also nichts für ungut, tschüss!“

Völlig erleichtert laufe ich strahlend nach Hause.

„Siehst du, Eminanim. Es war nur ein Missverständnis. Die Wahrheit hat gesiegt! Ich bin nicht krank, sondern der blöde Computer.“

„Du hast noch ein Schreiben bekommen“, zischt sie. „Da du ja seit zwei Tagen flüchtig bist, hat sich deine Strafe auf 1000 Euro erhöht!“

Am nächsten Morgen laufe ich wieder zum Gesundheitsamt. „Das stimmt. Die Strafe verdoppelt sich jeden Tag. Wenn Sie nicht freiwillig in Ihre Quarantäne zurückgehen, müssen wir leider Gewalt anwenden“, meint der Beamte, während er verschlafen an seinem Butterbrot kaut.

„Aber Sie sagten doch gestern, dass eure Computer infiziert seien.“

„Ach ja, jetzt erinnere ich mich wieder. Aber an die Liste der Quarantäneflüchtlinge komme ich nicht ran. Das macht das Bundesgesundheitsministerium. Ich schreibe denen, dass sie Sie aus der Liste rausnehmen sollen.“

Die frohe Nachricht bringe ich schnell nach Hause.

„Osman, deine Strafe beträgt inzwischen 2.000 Euro. Wenn du weiterhin vorm Gesetz wegläufst, sind wir in fünf Tagen pleite. Oder tot! Oder beides!“

Ich eile wieder total sauer zum Gesundheitsamt. „Herr Engin, ich sehe da nur einen Weg, Sie aus dieser Sache rauszuhauen: Ich muss Sie töten“, knurrt der Beamte mir kaltblütig ins Gesicht.

„Vielen Dank“, knurre ich zurück. „Eine etwas weniger drastische Maßnahme wäre mir wesentlich lieber.“

„Natürlich virtuell“, lächelt er. „Ich schreibe nach Berlin, dass Sie heute, um 11.30 Uhr, an Corona verstorben sind. Sie umzubringen ist das Beste, was ich für Sie tun kann.“

„Tolle Idee“, freue ich mich. „Da haben Sie aber Glück, dass die Sterbehilfe nicht mehr strafbar ist.“

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