Frische Argumente

Eine kleine Ausstellung zur Hamburger Synagogendebatte

Definitiv keine Kaiserzeit­architektur:Anna Martens‘ Entwurf Foto: Abb:Anna Martens

Von Alexander Diehl

Auch eine Nachwirkung des antisemitischen Anschlags von Halle im Oktober 2019: Seitdem wird in Hamburg über einen Wiederaufbau der 1938 geschändeten und 1939 abgerissenen Born­platzsynagoge diskutiert – eine prominente Synagoge am alten Platz soll sichtbares Zeichen lebendigen Judentums werden. Das Geld ist im Prinzip bewilligt, mit reichlich Verzug kommt demnächst auch endlich die Machbarkeitsstudie voran.

Beinahe von Anfang an durchzieht die Diskussion aber auch ein Streit: Es gibt laute Stimmen, einflussreiche, die eine Rekonstruktion des damals geraubten Bauwerks aus dem Jahr 1906 wollen – nicht zuallererst, aber eben doch auch unter Hinweis darauf, dass so ein schönes Stück Rückwärtsgewandheit sich ja touristisch bezahlt machen könnte. Dann wieder wird argumentiert, dass gerade der zwischenzeitliche Verlust, die Nicht-Kontinuität ihren Niederschlag finden müssten; dass also eine künftige Synagoge ausdrücklich nicht aussehen dürfe, als wäre an ihrem Standort nichts geschehen.

Der teils gehörig gereizt ausgetragenen, an neuen Argumenten zuletzt aber etwas armen Auseinandersetzung frischen Input liefern: Das könnte, optimistisch betrachtet, die kleine Ausstellung, die nur noch bis kommenden Samstag in Hamburg zu sehen ist. Sie versammelt Vorschläge von werdenden Architekt*innen; es sind Masterarbeiten, entstanden am Lehrstuhl für Entwerfen und Bauen im Bestand sowie Bildende Kunst der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg.

Klar: Einige dieser Entwürfe ermöglichen entschieden zu wenig Erinnerung, als dass sie je in irgendeine engere Wahl kommen könnten. Einfach mal auf sich wirken zu lassen, was unvoreingenommene, also auch: von den Hamburger Debatten weit entfernten Leuten vom (Bau-)Fach dazu einfällt, in Zeichnung, Modell und erklärenden Worten: Das ist etwas anderes, als nur zu streiten über abstrakte Prinzipien.

Ausstellung „Zwischen Hochbunker und Synagogenmonument“: bis 5. 6., AIT Architektursalon, Hamburg.

Aufzeichnung einer Diskussion u. a. mit Philipp Stricharz, Jüdische Gemeinde Hamburg, und Per Pedersen, Professor für Entwerfen und Bauen im Bestand, BTU Cottbus-Senftenberg: https://youtu.be/nqg-sr_faPc