: Das Internet lügt
Wie erkenne ich Fake News? Die Büchereizentrale Schleswig-Holstein hat ein Planspiel für Schüler*innen entwickelt
Von Joachim Göres
„Zucker ist gesund“ – so lautet die Schlagzeile einer Meldung im Internet, die sich auf eine wissenschaftliche Studie beruft. Wie kann man herausfinden, ob man dieser Aussage trauen darf? Eine Frage, die Marielies Schuldt an die Schüler*innen einer 8. Klasse der Friedegart-Belusa-Gemeinschaftsschule Büchen richtet. Schuldt ist Medienpädagogin in der Stadt- und Schulbücherei Lauenburg und gibt online für die Achtklässler eine Einführung in das Planspiel „Fake Hunter“.
Dabei stellt sie Werkzeuge vor, mit denen man den Wahrheitsgehalt von Nachrichten prüfen kann. Dazu gehört die Kontrolle des Impressums – auf jeder Homepage muss ein Verantwortlicher für den Inhalt genannt werden. „Fehlt das, ist das ein Hinweis, dass die Seite nicht seriös ist“, sagt Schuldt. Bei dem Artikel über die Zuckerstudie ist ein Impressum vorhanden, es wird eine Firma aus Süßdorf als Betreiber genannt – über eine Suchmaschine kann man herausfinden, dass es diesen Ort nicht gibt.
Nach dieser Einführung überprüfen die Schüler*innen in Kleingruppen selbstständig verschiedene Meldungen. Sie sitzen im Computerraum ihrer Schule und rufen sich Meldungen aus dem Planspiel auf. Das Computerspiel „Fortnite“ wird Wahlfach an Südtiroler Schulen? Maya gibt den Verfassernamen in eine Suchmaschine ein und findet keine Informationen über ihn. Außerdem überprüft sie das Foto zur Meldung über www.tineye.com und findet heraus, dass das Bild in einem ganz anderen Zusammenhang im Internet auftaucht.
Ist die Quelle seriös?
Simon will herausbekommen, ob in den USA ein Online-Waffenhändler eine Verschärfung des Waffenrechts unterstützt. Er überprüft, ob die genannte Quelle seriös ist, ob die Angaben zum Autoren korrekt sind, ob es Unstimmigkeiten bei den Zeitangaben gibt, ob es sich durch die Wortwahl auch um eine Satire handeln könnte.
„Drei Viertel der Klasse nutzt Tiktok, auch Youtube ist beliebt. Snapchat spielt dagegen keine so große Rolle und Facebook ist out“, sagt Deutschlehrerin Stephanie Feilscher. Für sie ist Fake Hunter ein gelungenes Planspiel, das Schüler*innen unabhängig von ihrem Leistungsstand anspricht und gut die Botschaft vermittelt, genau im Internet hinzuschauen, weil alles ein Fake sein könnte.
„Die Klasse hat das Prinzip des Planspiels supergut verstanden, manchmal wurden nur kleine Details übersehen. Ich bin mit den Ergebnissen sehr zufrieden“, sagt Schuldt. Aber: „Fakes sind in der Realität nicht so leicht zu erkennen wie im Planspiel.“
In dem Planspiel sollen Schüler*innen auch untersuchen, ob der Artikel als Meinung oder Kommentar gekennzeichnet ist. Dahinter steckt ein grundsätzliches Problem: Laut der aktuellen Pisa-Sonderauswertung „Lesen im 21. Jahrhundert: Lese- und Schreibkompetenzen in einer digitalen Welt“ sagt mehr als die Hälfte der 15-Jährigen, sie würden in der Schule nicht lernen, Fakten von Meinungen zu unterscheiden.
Entwickelt hat Fake Hunter ein Team der Büchereizentrale Schleswig-Holstein, das Bibliothekar*innen in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz als Multiplikator*innen in diesem Planspiel fortbildet. Es gibt auch eine Version für die Grundschule.
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