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das ding, das kommtRote Deutsche Welle

Es muss nicht immer Schwarz sein: Farbige Schallplatten sind in ihrer Qualität umstritten – aber auch beliebte Geldanlage Foto: Alex:D/Wikimedia Commons

Angeblich war es die Hamburger Band Palais Schaumburg, die mit einem Auftritt im – je nach Sichtweise – legendären oder berüchtigten Nachtclub „Hacienda“ einen der zentralen 80er-Jahre-Post-Punk-Dancefloor-Hits mit inspirierte, New Orders „Blue Monday“ nämlich. Stimmt schon: Einflussreich war sie, die 1980 gegründete, personell wiederholt umgebaute, auch aufgelöste und zuletzt „in Bestbesetzung“ (so die taz) wieder zusammengefunden habende Neue-Deutsche-Welle-Band mit dem reichlich nach der Bonner Republik klingenden Namen – und sei es, weil unter den diversen irgendwann mal mitgemacht habenden Leuten so viele anderswo dann wichtige Spuren hinterließen.

FM Einheit etwa, der erst bei den (Berliner) Einstürzenden Neubauten zum weltweit vernommenen Schlagwerk-Urviech wurde. Oder Thomas Fehlmann, 1980 Absolvent der Hamburger Kunsthochschule, einer von mehreren bei Palais Schaumburg, dann deren Keyboarder und Trompeter und wiederum eine Ecke später einflussreich für die Entwicklung des deutschen Techno. Und Sänger/Cut-up-Texter Holger Hiller, ebenfalls ganz am Anfang dabei sowie seit 2011 wieder: eine Art Pate für ganze Generationen schräger Vögel im deutschen, aber auch dem britischen Musikgeschehen, und das seit inzwischen rund 40 Jahren.

Bemerkenswert gut erhältlich gewesen ist – zumindest seit der Jahrtausendwende, ungefähr, das selbstbetitelte Debütalbum: 2002 legte das Hamburger Tapete-Label es neu auf, zehn Jahre nach der allerersten CD-Version, und seither gab es allerlei um Singles oder Live-Aufnahmen erweiterte Ausgaben. Und mag „Palais Schaumburg“, klar, auch dem Spotify-Publikum offen stehen: Die Band und ihre Herausgeber schätzen erkennbar die klassische Schallplatte – so wie die 500-Exemplare-Auflage, die ab kommendem Freitag zu kaufen sein wird: Auf durchsichtigem Rot also gelangt das dadaistische Debüt mit dem – relativen – Hit „Wir bauen eine neue Stadt“ (ja, eine Paul-Hindemith-Bearbeitung) dann in die irgendwie ja auch geöffneten Läden, beinahe passgenau für den ersten der beiden diesjährigen „Record Store Day“-Termine am Samstag, also einer Art Weihnachten der nichtdigitalen Wiederveröffentlichung.

Buntes Vinyl wiederum, das war ja, gleiche Zeit, etwas andere Blasen, auch in den 80ern heißer Scheiß – ob es taugt und nicht vielmehr in Klang und Haltbarkeit abfällt gegenüber schnöde schwarzen Scheiben: Darüber gehen die Meinungen auseinander – nicht erst im Internet.

Alexander Diehl

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