wortwechsel: Trau, schau, wem!
Auf einmal sind alle Klimaschützer, sogar Altmaier. Nicht nur für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir. Und viele wünschen sich nun: Solidarität jetzt für Nichtgeimpfte!
Geld für Schüler*innen
„Erst in die Nachhilfe, später in den Hort“, taz vom 6. 5. 21
Schön, dass die Familienministerin und die Bildungsministerin nun auch Geld in die Hand nehmen, um für Kinder und Jugendliche die Folgen der Pandemie abzumildern. Lernrückstände sollen aufgeholt werden, aber auch Ferienfreizeiten werden gefördert. Warum nicht auch Klassenfahrten?
Ich arbeite als Gartenpädagogin auf einem Schulbauernhof, seit Monaten dürfen keine Kinder zu uns kommen. Außer Umwelt- und Ernährungsbildung spielen die Bildung sozialer Kompetenzen, die Interaktion der Kinder untereinander, Teamarbeit und die Übernahme von Verantwortung eine große Rolle. Ich denke, dass solche „Lernrückstände“, die durch Corona entstanden sind, viel wichtiger sind aufzuholen, als Mathe und Deutsch. Sogar diese Kompetenzen könnten bei einem Bauernhofaufenthalt geübt werden: Wie viele Bohnenkerne braucht man zur Aussaat für dieses Beet, welche ist die schwerste Zucchini? Es ist meiner Meinung nach vor allem eine Frage nach (schul-)politischem Willen, welche Pandemienachteile nun gemildert werden sollen. Katharina Dehlinger, Oberrieden
Wahlprogramm der Grünen
„Operation „Samtpfote“: Grüne bleiben vage“, taz vom 5. 5. 21
Der erste Eindruck ist, dass Ulrich Schulte hier Grünen-Bashing betreibt. Was hat der Autor für ein Problem, wenn eine Partei anstelle eines festen Betrages eine „vage“ Regelung anspricht? (Harz IV) Ja, ich fände 30 Euro auch wenig. Was aber, wenn der Arbeitnehmerflügel der C-Parteien sich wider Erwarten durchsetzt und Lohngleichheit für Frauen zustimmt? Oder ein Rechtsanspruch für Kinder auf saubere Toiletten in Schulen? Dann wären solche Fixpunkte wie „mindestens 603 Euro“ ein ganz schöner Klotz am Bein.
Dass die C-Parteien noch überhaupt kein Programm veröffentlicht haben und somit „Vagesein“ zur Religion erheben, passt in sein existierendes wirtschaftsgetriebenes Bild: Unternehmer verlangt 80 Euro Stundenlohn und die, die die Arbeit machen kriegen davon kaum ein Viertel. Professionelle Bestechlichkeit, Maskenaffäre, Waffendeals und, und, und … Nein. Richtig: Zeigen Sie nur auf die schlechten Grünen.
Klaus Witzmann, Regensburg
Rassismus
„Es tut sich was, aber noch nicht für alle“, taz vom 6. 5. 21
Jens Lehmann äußert sich rassistisch und fliegt bei Hertha raus. Viele können das nicht verstehen, finden diese Reaktion und den Shitstorm ziemlich „aktionistisch“. Die Argumentation: „Was darf ich überhaupt noch sagen?“, „Ich kann meine Meinung nicht mehr frei äußern!“ usw. Derselbe Lehmann zeigte sich übrigens in der Vergangenheit homophob (damals gegenüber Hitzelsperger). Diese Statements dürften demnach keine Ausrutscher sein, es steckt wohl eine Einstellung dahinter.
In solchen Momenten denke ich positiv an den Herrn Trump. Der Trump, der Grenzen verschoben und Werte zerstört hat. Trump, der frauenverachtend agierte. Einmal hat er sich sogar über einen körperlich behinderten Menschen lustig gemacht. Es ist nicht normal, herablassend, verhöhnend und verächtlich zu kommunizieren.
Trump und Gleichgesinnte: Das ist der Gegenwind. Der wohlverdiente. Deal with it. Saad Eddine Fidaoui, Buchholz
Cancel-Kultur
„Der Schauspieler Volker Bruch engagiert sich in ,Querdenken‘-Partei“,
taz vom 5. 5. 21
Ich frage mich, wie sich die taz in der Coronabehandlung versteht. Das „Portrait“ zu Volker Bruch in seiner „wohlfeinen Empörung“ zeigt sich mir als („linksliberale“?) „Cancel-Kultur“, wie sie Georg Seeßlen in seinem Kommentar benennt. Auch die taz steht in diesem exemplarischen Zukunftsthema „als kulturelles Rückgrat der demokratischen Gesellschaft“ „auf der Kippe“.
Habe ich es überschlagen oder ist es tatsächlich so, dass es keinerlei inhaltliche Auseinandersetzung zu „Alles dichtmachen“ gab? Was an dem Angstbeitrag von Bruch ist falsch?
Erhard Schlottmann, Oldenburg
Angstmacher
Ich bin schwer enttäuscht von meiner ehemaligen Lieblingszeitung. Seit Corona ist irgendwas anders. Ihr springt voll auf den allgemein verbreiteten Zug auf, Leute zu diffamieren, voreingenommen zu interviewen, Angst zu machen, Kritiker und Fragende in die rechte Ecke zu drängen.
Ich bin richtig wütend und kann es einfach nicht fassen. Jetzt Bruch. Ihr seid ein Sauhaufen, anders kann ich es gerade nicht ausdrücken. Tut mir leid. Unabhängige, neutrale Berichterstattung geht anders. Helga Jacobi, Velbert-Langenberg
Erich Fried
„Der unversöhnliche Philanthrop“, taz vom 6. 5. 21
Dank für die kritische Würdigung Erich Frieds. Schade, dass Herr Süselbeck unerwähnt lässt, dass Erich Fried ein genialer und herausragender Übersetzer Dylan Thomas’und der Werke Shakespeares – besonders seiner Sonette – gewesen ist. Wunderschön auch seine Übertragungen altenglischer Carols and Hymns. Allein seine Übersetzungen und Übertragungen sind es wert, Leseempfehlungen zu geben.
Ulrich George, Schleswig
Sozial benachteiligt
„Schüler*innen nur Mittelmaß“,
taz vom 5. 5. 21
Mich stört die Formulierung „sozial benachteiligt“. In meiner Jugend nannte man arme Menschen manchmal sogar noch schlimmer „asozial“, aber auch das heute übliche „sozial benachteiligt“ ist nur ein anderer Ausdruck für „arm“. Armut hat wenig mit den sozialen Fähigkeiten der Menschen zu tun, und asozial sind eher die am anderen Ende der Einkommensskala. Warum die Sache nicht beim Namen nennen und „arm“ sagen? Oder – damit es edler klingt – „finanziell benachteiligt“? Ulrike Jaeger, Heilbronn
Lob für die taz
„Die Kraft der Zerstörung“,
taz vom 29. 4. 21
Liebe taz-Redaktion, es war mir gleich ein Bedürfnis auf den Beitrag von Ulrike Fokken zu reagieren. Nicht nur weil ich in München und damit sehr nah am Thema (Isar/Walchenseekraftwerk) wohne: Ich fand den Beitrag außergewöhnlich gut. Er war so überzeugend gut recherchiert, dass ich heute, eine Woche später, immer noch davon begeistert bin und euch das einfach mitteilen wollte. Ruhig mehr davon!
Hans Rießenberger, München
Vorsicht angebracht
„Für sozialen Klimaschutz“,
taz vom 6. 5. 21
Altmaier, der bislang noch jeden Fortschritt zu einer klimaverträglichen Energiewende bekämpft hat, ist über Nacht zu einem bekennenden Klimaschützer mutiert. Fridays for Future und Unteilbar wollen gemeinsam mit den Gewerkschaften Forderungen im Bundestagswahlkampf formulieren.
Doch ist Vorsicht angebracht, wen man zum Bündnispartner erklärt. Noch im Oktober 2018 hatten die Gewerkschaften IG BCE und ver.di zu Protestaktionen vor einem Treffen der Kohlekommission aufgerufen und waren für den Erhalt der Braunkohle im niederrheinischen Revier eingetreten. Auf Plakaten von den Protestteilnehmern waren Schilder mit Sprüchen wie „Hambi muss weg“ und „Baggi bleibt“ zu lesen. Das damalige Kommissionsmitglied Antje Grothus sprach von der Duldung von Hetzkampagnen gegen Kohlegegner durch den Energiekonzern RWE. Auch seinerzeit schrieb ver.di sich den „sozialen Klimaschutz“ auf die Fahnen und nahm trotzdem an der Pro-Kohle-Kampagne teil.
Raimund Schorn-Lichtenthäler, Datteln
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